Die Credit Suisse steht schon wieder am medialen Pranger. Diesmal ist die «Bild»-Zeitung an der Reihe, die auf der Frontseite – neben einem Hitler-Bild – in fetten Lettern von einer «Jagd nach den Nazi-Milliarden» schreibt und zu wissen glaubt: «Neue Spur führt in die Schweiz.»
Nur: Die neue Spur in die Schweiz ist nicht ganz neu, bereits vor über zwei Jahren berichteten diverse Medien im In- und Ausland von den angeblichen Nazi-Milliarden bei der Credit Suisse.
Ausgangspunkt war eine Namensliste von Nazi-Anhängern aus Argentinien, die mit «Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, Landesgruppe Argentinien» überschrieben ist (siehe Ausriss).
Auf diese vergilbte Liste mit 12’000 Namen war der argentinische Forscher Pedro Filipuzzi gestossen, und zwar 1984 in einem Lagerraum einer Bank in Buenos Aires. Die Namensliste soll aus den 1930er und 1940er Jahren stammen, darauf die Namen von Nazi-Sympathisanten, ihr Geburtsdatum, Parteieintritt und eine fünfstellige Nummer.
33 Nazi-Milliarden auf Schweizer Konto
Filipuzzi übergab die Liste 2018 – also 14 Jahre nach dem Fund – dem Simon Wiesenthal Center (SWC), das auf die Jagd von Naziverbrechern und auf geraubte jüdische Vermögen spezialisiert ist. Am 2. März 2020 gab das SWC bekannt, man sei im Besitz einer Namensliste von Nazis aus Argentinien, von denen «viele auf eines oder mehrere Bankkonten bei der Kreditanstalt einbezahlt haben». Aus der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) ging 1997 die Credit Suisse hervor.
Um zu prüfen, ob die Bank «Geld beherbergte, das jüdischen Opfern gestohlen wurde», verlangte das Center Zugang zum Firmenarchiv der Credit Suisse. Kurz darauf verbreitete das antikapitalistische Lateinamerikaportal Amerika21, es lägen bis zu 33 Milliarden Euro aus geraubtem jüdischem Vermögen auf einem Bankkonto der Schweizerischen Kreditanstalt – eine abstruse Behauptung, die in der «Bild» leicht abgeschwächt wiederholt wird.
Die Bank verwehrte dem SWC nach der Anfrage den Zugang ins Archiv, aus Gründen des Bankgeheimnisses. Die CS schrieb damals weiter, eine Expertenkommission unter Leitung des früheren Fed-Chefs Paul Volcker hätte zwischen 1997 und 1999 bereits nach Konten mutmasslicher Nazi-Opfer gesucht. Gleichwohl wolle man sich nach Auftauchen dieser neuen Liste nochmals ans Prüfen des Kundenstamms machen. Bislang ist man allerdings nicht fündig geworden und auf kein Konto gestossen, das im Zusammenhang mit der Liste aus Argentinien stehen könnte.
Credit Suisse stöbert weiter
Trotzdem stöberte die Bank weiter in ihren Kontolisten. Die Grossbank schreibt heute nach dem «Bild»-Artikel: «Wie im Jahr 2020 zugesagt, untersucht die Credit Suisse sorgfältig, ob Vorgängerbanken der Credit Suisse in den 1930er und 1940er Jahren Kundenbeziehungen zu Personen auf der vom SWC genannten Liste unterhalten hatten. Diese Liste umfasst rund 10’000 Mitglieder einer deutschen Arbeiterorganisation in Argentinien aus 1940. Bei Bedarf ergreifen wir die erforderlichen Massnahmen.» Die Suche nach den 33 Nazi-Milliarden in der Schweiz kann weitergehen.