Hätte man Mitte März jemandem gesagt, dass das Aktienjahr 2020 doch noch ein versöhnliches Ende nimmt – man wäre vermutlich für verrückt erklärt worden. Errechnete sich beim Swiss Performance Index (SPI) zu diesem Zeitpunkt ein sattes Minus von 27 Prozent, machte das Börsenbarometer im weiteren Jahresverlauf kontinuierlich Boden gut. Letztendlich geht der SPI sogar mit einem leichten Plus von fast 3 Prozent aus dem pandemiegebeutelten Aktienjahr 2020 hervor.
Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Börsengeschehen hierzulande beinahe schon übertrieben launisch war. Die Jahresgewinner trennen gefühlte Welten von den Verlierern der letzten 12 Monate (cash berichtete). Für das Aktienjahr 2021 sind die meisten Banken zwar vorsichtig optimistisch. Dennoch lassen viele von ihnen keinen Zweifel daran, dass nur Geld verdient, wer auch die richtigen Einzelaktien im Depot hat.
Dementsprechend breit ist das Spektrum an Einzelaktien, welche die Banken zum Kauf anpreisen. Dabei fällt auf, dass auf den Empfehlungslisten britischer und amerikanischer Banken kaum Aktien von Unternehmen aus der Schweiz zu finden sind. Von den 39 Titeln auf der Favoritenliste der britischen Barclays für Europa stammen mit Roche, Zur Rose und Nestlé gerade einmal drei aus der Schweiz. Das sind genauso viele wie auf der Liste von Aktien, um welche Anleger in den kommenden 12 Monaten besser einen grossen Bogen machen. Diese Liste umfasst neben jenen des Sensorenherstellers AMS auch die von UBS und Lindt & Sprüngli.
Nicht weniger mager ist die Ausbeute aus Schweizer Sicht bei den Favoriten der Citigroup. Nur gerade die Aktie der Credit Suisse schafft es unter die zehn europäischen Schlüsselkaufempfehlungen der mächtigen Investmentbank. Anders als noch vor einem Jahr sind die hiesigen Indexschwergewichte bei ausländischen Banken nicht mehr "en vogue". Die Empfehlungslisten sind "auf Aufschwung getrimmt". Und da sind defensive Qualitäten, wie sie Nestlé, Roche und Novartis verkörpern, kaum gefragt.
Vontobel steigt gleich mit 16 Favoriten ins Rennen
Dem würde man bloss bei der Bank Vontobel widersprechen. Anders als ihre angelsächsischen Gegenspieler setzt sie zwar auf die Valoren von Roche und Nestlé. Allerdings geht die Zürcher Bank gleich mit 16 Favoriten ins Rennen. Das Titelspektrum reicht von "A" wie Also, über "S" wie Swiss Life, Sika oder Straumann, bis hin zu "V" wie VAT Group. Da sind die beiden Indexschwergewichte Roche und Nestlé völlig in der Unterzahl.
Mit Partners Group, LafargeHolcim und SGS setzt die Bank Vontobel zudem auf die am häufigsten genannten Aktien. Als Risikokapitalspezialist profitiert die Partners Group vom Tiefzinsumfeld sowie vom Renditedruck grosser Pensionskassen und Versicherungen. Ein Muss ist die Partners-Group-Aktie auch für Mirabaud Securities und Stifel. Nur jene von LafargeHolcim wird noch häufiger genannt. Bei der Credit Suisse ist der Zementhersteller aus Jona der einzige Schweizer Vertreter auf der 21 Unternehmen starken Empfehlungsliste der Grossbank. Auf den Genfer Warenprüfkonzern SGS setzen neben Vontobel auch die Zürcher Kantonalbank sowie Mirabaud Securities. SGS und LafargeHolcim zählten bereits vor einem Jahr zu den am häufigsten genannten Aktien.
Mut beweisen die Bank Vontobel und die Zürcher Kantonalbank bei ihrer Empfehlung für die AMS-Aktie, halten sich doch hartnäckig Spekulationen, wonach der Sensorenhersteller aus dem österreichischen Unterpremstätten beim Grosskunden Apple künftig Umsätze verlieren könnte.
Nur wenige sich widersprechende Titelempfehlungen
Nicht weniger mutig ist Mirabaud Securities. Einerseits setzt die Tochter der gleichnamigen Genfer Privatbank mit Dufry auf einen der grössten Verlierer der Pandemie, andererseits mit Bachem und Gurit auf zwei Titel, die in den letzten 12 Monaten bereits sehr gut gelaufen sind und als überhitzt gelten. Die Bachem-Aktie notierte zuletzt um 155 Prozent über dem Stand von vor einem Jahr, jene von Gurit kostet immerhin 66 Prozent mehr.
So reichhaltig die Favoritenauswahl für 2021 auch sein mag, so wenig widersprechen sich die Empfehlungen. Uneinig sind sich die Banken bloss in Bezug auf die Aktien von UBS und Sonova. Während die französische Crédit Agricole die grösste Schweizer Bank in der Favoritenrolle wähnt, macht die britische Barclays kein Geheimnis aus ihrer negativen Haltung. Beim Hörgerätehersteller Sonova widerspricht hingegen die pessimistische Citigroup der optimistischen Mirabaud Securities.
Kepler Cheuvreux macht es ziemlich spannend
Das war vor einem Jahr ganz anders, als sich die (Analysten-)Geister gleich an mehreren Aktienfavoriten schieden. Und gleich noch einen Unterschied gibt es im Vergleich zum letzten Frühjahr: Spezialitäten – im Sinne von gewagten, weil beispielsweise schlecht handelbaren Favoriten – gibt es in diesem Jahr eigentlich keine.
Für Spannung bis zur letzten Minute sorgt Kepler Cheuvreux. Der bekannte Broker führt momentan DKSH, Galenica, Nestlé, SFS Group, Swiss Life und VAT Group auf der Favoritenliste für die Schweiz. Allerdings will Kepler Cheuvreux die Liste erst in rund zwei Wochen überarbeiten. Es werde womöglich die eine oder andere Anpassung geben, so lässt man vorsorglich schon mal durchblicken.
Vielleicht zeichnen sich bis in zwei Wochen ja sogar schon erste konkrete Trends ab. Eine alte Faustregel besagt nämlich: So wie die ersten Januar-Tage sind, wird das ganze Börsenjahr.
Dieser Artikel erschien zuerst bei cash.ch mit dem Titel: «Dies sind die «heissesten» Aktien-Tipps der Banken für 2021».