Die Strompreise in Skandinavien waren in den letzten Tagen so niedrig, dass ein Kernkraftwerk seine Leistung freiwillig gedrosselt hat. Ganz im Gegensatz zum Rest von Europa, der in einer Krise steckt, wo jedes Megawatt zählt.
Die beiden Reaktoren des Kraftwerks Forsmark nördlich von Stockholm waren am Freitagmorgen zu 69 Prozent bzw. 89 Prozent ausgelastet, wie der Betreiber Vattenfall AB mitteilte. Die lokalen Preise fielen am Freitag bei einer Auktion an der regionalen Börse Nord Pool auf den niedrigsten Stand seit November 2020.
«Die Kapazität wurde von den Eigentümern aus marktbedingten Gründen heruntergeregelt», sagte Anna Wallrud, eine Sprecherin des Unternehmens, per Telefon. «Das ist bis auf weiteres der Fall.»
Strom aus Wind und Uran
Auch wenn die Drosselungen nur vorübergehend sind, verdeutlichen sie den Kontrast zur Situation in anderen Teilen Europas, wo eine Hitzewelle die französische Produktion reduziert und deutsche Kohlekraftwerke aufgrund niedriger Flusspegel um ausreichende Brennstofflieferungen kämpfen.
In den nordischen Ländern ist der Strom dank der guten Windkraft und der Sommerferien billig geworden. Strom kostet dort jetzt weniger als 10 Franken pro Megawattstunde, während die französischen Preise 40 Mal so hoch sind.
Die Kernenergie ist in Schweden Teil der Grundversorgung, eine Selbstverständlichkeit. Zusammen mit den grossen Wasserkraftwerken im Norden des Landes hat die Atomkraft jahrzehntelang zur Versorgung der energieintensiven Industrie beigetragen. Doch ein sprunghafter Anstieg der Windenergie hat die Preise deutlich schwankender gemacht, genau wie in anderen europäischen Ländern.
Saisonal tiefe Nachfrage
«Das entspricht dem Verhalten der Reaktoren in den letzten Jahren, und ich denke, das wird sich auch im Juli fortsetzen», sagte Christian Holtz, Marktanalyst und Mitbegründer von Merlin & Metis, zu «Bloomberg». «Wir erwarten noch einige Tage mit niedrigen Spotpreisen aufgrund der steigenden Windproduktion und der saisonal niedrigen Nachfrage.»
Die französischen Meiler stehen derweil reihenweise still, weil sie saniert werden oder weil der heisse und trockene Sommer die Funktionsfähigkeit reduziert. Frankreich deckt in normalen Zeiten rund 70 Prozent des Strombedarfs mit Atomkraft.
(bloomberg/ise)