Im Streit über Impfstoff-Lieferungen fordert die EU-Kommission Einblick in die Daten des Pharma-Konzerns AstraZeneca. «Die EU verlangt bis spätestens zum 29. Januar Auskunft des Unternehmens, wieso es weniger Impfdosen an die EU liefern will», hiess es am Montagabend aus EU-Kommissionskreisen nach einem weiteren Treffen von Unternehmensvertretern mit Mitgliedern der EU-Staaten. Es gebe nicht genügend Klarheit und Erklärungen seitens AstraZenecas, so EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides auf Twitter. Die Pharmafirma wies unterdessen Medienberichte zurück, nach denen ihr Impfstoff eine geringere Wirksamkeit bei Senioren habe.
Kyriakides erklärte weiter, AstraZeneca sei aufgefordert worden, detaillierte Lieferpläne in die EU vorzulegen. Ein weiteres Treffen mit Unternehmensvertretern sei für Mittwoch geplant. In Kommissionskreisen hiess es, der Vertrag mit dem Konzern sehe eine Vorproduktion an Dosen im hohen Millionen-Umfang nicht nur für das laufende Quartal vor, sondern bereits ab dem vierten Quartal 2020.
Zudem garantiere der Vertrag mit dem britisch-schwedischen Unternehmen der EU Zugang zu Produktionsdaten des Unternehmens. Die EU wolle zudem einen Export-Transparenz-Mechanismus einführen, um zu sehen, wohin in der EU produzierter Impfstoff geliefert werde.
Marktzulassung am Freitag
Die EU fordere AstraZeneca demnach ausserdem auf, das Lieferangebot für das erste Quartal deutlich nachzubessern. Die Lieferprobleme unterschieden sich deutlich von dem der Firmen BioNTech-Pfizer. Die dortige einwöchige Lieferunterbrechung habe sich «schlüssig» mit der Vorbereitung für eine erweiterte Produktion erklären lassen. Bei dem Konzern AstraZeneca sei dies aber nicht der Fall.
Der Rechtsweg gegen den Pharmakonzern soll offenbar derzeit noch nicht beschritten werden. Für die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten stehe jetzt im Vordergrund, die rasche Auslieferung einer grösstmöglichen Menge an Impfdosen sicherzustellen - für den Fall, dass AstraZeneca die Marktzulassung erhalte, hiess es in der Kommission. Dies soll nach Angaben des Bundesgesundheitsministerium am Freitag der Fall sein.
Nur acht Prozent Wirksamkeit?
Das «Handelsblatt» berichtet jedoch unter Berufung auf Kabinettskreise, das Mittel zeige bei Über-65-jährigen eine Effektivität von nur acht Prozent. Bei «Bild» hiess es unter Berufung auf Regierungskreise, die Wirksamkeit in dieser Altersgruppe liege unter zehn Prozent. Die Bundesregierung erwarte daher, dass der Konzern von der EU-Arzneimittelbehörde EMA nur eine Zulassung für Unter-65-jährige erhalten werde. AstraZeneca wies Berichte über eine bis auf acht Prozent reduzierte Wirksamkeit bei Senioren zurück. Die Angaben seien «komplett falsch», erklärte das Unternehmen.
(reuters/gku)