Zwang zu stärkeren CO2-Reduktionen per Gerichtsurteil? In den Niederlanden fordern Umweltschützer genau das. Der Öl- und Erdgaskonzern Shell wehrt sich - und verweist auf seine selbstgesetzten Ziele.
Umweltorganisationen sowie mehr als 17 000 Bürger wollen per Gerichtsurteil den Öl- und Erdgas-Konzern Shell zu einer erheblichen Senkung seiner Kohlendioxid-Emissionen zwingen. Die Kläger fordern in dem Verfahren, das an diesem Dienstag in Den Haag beginnt, dass Shell per Gerichtsurteil verpflichtet wird, seinen CO2-Ausstoss innerhalb von zehn Jahren um 45 Prozent gegenüber 2019 zu senken. Der Konzern mit nach eigenen Angaben rund 80 000 Beschäftigten in mehr als 70 Ländern hat seine Hauptverwaltung in Den Haag, weshalb die Klage vor dem dortigen Bezirksgericht eingereicht wurde.
Bemühen um Emissionsreduktion
Shell bemühe sich bereits um umfangreiche Reduzierungen der Emissionen, sagte eine Konzernsprecherin dazu auf Anfrage. Die notwendige Energiewende könne durch «effektive Politik, Investitionen in Technologien und Veränderungen im Verbraucherverhalten» bewirkt werden. «Nichts davon wird durch dieses Gerichtsverfahren erreicht.»
Donald Pols, Direktor der Organisation Milieudefensie (Umweltverteidigung) erklärte hingegen, Shell weigere sich, Ursachen der Klimaveränderung zu beheben. «Wir fordern die Richter auf, dem ein Ende zu machen», sagte er der niederländischen Nachrichtenagentur ANP. Der Organisation zufolge wäre es das erste Mal, dass ein Ölkonzern von einem Gericht dazu aufgefordert wird, einen nachhaltigeren Kurs zu verfolgen.
Shell stecke jährlich viele Milliarden, nämlich rund 95 Prozent seiner Ausgaben, in die Förderung von Erdöl und Erdgas.«"So umarmt man das Pariser Klimaabkommen nicht, wie Shell behauptet, sondern damit würgt man es ab», sagte Pols. Nur wenn Konzerne wie Shell aktiv mitmachten, könne das Ziel erreicht werden, den globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Aktionen gegen den Klimawandel erforderlich
«Wir stimmen mit Milieudefensie darin überein, dass jetzt Aktionen gegen den Klimawandel erforderlich sind», sagte die Shell-Sprecherin. Sie verwies darauf, dass Shell sich das Ziel gesetzt habe, bis spätestens 2050 ein Netto-Null-Emissions-Energieunternehmen zu werden. Bis dahin sollen demnach bei allen Emissionen aus der Herstellung von Shell-Produkten die CO2-Emissionen unterm Strich auf null reduziert werden. Zudem will der Konzern nach eigenen Angaben mehr Produkte mit einer geringeren Kohlenstoffintensität anbieten. «Unsere Ambition ist, den Netto-Kohlenstoff-Fussabdruck der von uns verkauften Energieprodukte bis 2050 um 65 Prozent zu reduzieren - und in einem Zwischenziel bis 2035 um 30 Prozent», heisst es dazu auf der Website von Shell.
Für das Verfahren sind vier Verhandlungstage bis zum 17. Dezember anberaumt worden, an denen beide Seiten ihre Positionen darlegen sollen. Das Gericht wies aber auch darauf hin, dass die Zulässigkeit der erhobenen Forderungen juristisch zu klären sein werde.
(awp/tdr)