Es geht um eines der umfangreichsten Militärprogramme der vergangenen Jahre. Die vom Ständerat abgesegnete Vorlage beinhaltet Beschaffungen und Ausrüstungen für insgesamt 9,552 Milliarden Franken. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.
Rund zwei Drittel der Kredite in der Armeebotschaft - 6,155 Milliarden Franken - sind für die 36 neuen F-35-Kampfjets inklusive bauliche Massnahmen eingeplant. Die neuen Flugzeuge sollen die 25 F-5-Tiger-Jets und die 30 F/A-18-Hornet-Jets ersetzen.
Der Kampfjet-Kauf wurde in der kleinen Kammer von der Ratslinken kritisiert. Céline Vara (Grüne/NE) wollte gar nicht erst auf die Vorlage eintreten, da viele Fragen offenblieben und zuerst die hängige Volksinitiative gegen den Kauf der neuen Kampfflugzeuge abgewartet werden solle. Carlo Sommaruga (SP/GE) forderte vom Bundesrat mehr Transparenz über die finanziellen und technischen Risiken der Beschaffung und wollte den Bundesbeschluss entsprechend an den Bundesrat zurückweisen.
Angst vor Verzögerungen beim F-35
Die Mehrheit des Ständerats wollte jedoch nichts davon wissen und lehnte die beiden Anträge deutlich ab - mit 35 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung respektive 32 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Werner Salzmann (SVP/BE), Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK-S), betonte im Namen der Mehrheit, dass die Modernisierung der Luftwaffe durch den Krieg in der Ukraine noch dringlicher geworden sei.
Deshalb verankerte der Ständerat in der Armeebotschaft mit 31 zu 12 Stimmen explizit, dass die Beschaffungsverträge der neuen Kampfjets bis Ende März 2023 unterschrieben werden sollen. Er will damit verhindern, dass die Gültigkeit der Offerte des US-amerikanischen Anbieters Lockheed Martin ausläuft und es zu Verzögerungen kommt. "Das würde die Kosten erhöhen", sagte Salzmann.
Der Bundesrat hatte ursprünglich die Absicht, nach der Verabschiedung der Armeebotschaft durch das Parlament, mit der Unterzeichnung des Kaufvertrags zuzuwarten, bis eine allfällige Abstimmung über die Volksinitiative "gegen den F-35 (Stop F-35)" durch ist. Er hat seine Meinung inzwischen geändert. Der schnelle Vertragsabschluss wird von ihm unterstützt.
F-5 wegen Patrouille Suisse behalten
Eine Differenz zum Bundesrat besteht dagegen bei der Frage, ob die F-5-Tiger-Flugzeuge ausgemustert werden sollen. Diese Kampfflugzeuge können heute nur noch in Trainings und bei gutem Wetter für den Luftpolizeidienst eingesetzt werden, weshalb sie der Bundesrat ausser Dienst stellen will.
Die Mehrheit im Ständerat lehnt dies jedoch ab - mit 24 zu 18 Stimmen bei xx Enthaltungen. Die Ausmusterung der Flugzeuge sei nicht dringend, wurde argumentiert. Hauptgrund gegen die Ausserdienststellung ist aber die Angst, dass die Kunstflugstaffel Patrouille Suisse ohne die Tiger-Jets keine Zukunft mehr hätte. Die Patrouille Suisse sei ein Aushängeschild der ganzen Armee, lautete der Tenor der bürgerlichen Mehrheit.
Mathias Zopfi (Grüne/GL) gab erfolglos zu bedenken, dass die Nichtausserdienststellung zusätzliche Kosten von jährlich 14 Millionen Franken verursachen würde. Zudem sei es "fragwürdig, mit einem Oldtimer eine Kunstflugstaffel zu betreiben". Das Verteidigungsdepartement sei daran, Alternativen zu suchen.
Kein Widerstand gegen Bodenabwehrsystem
Unbestritten im Rat war der Verpflichtungskredit von 2,053 Milliarden Franken für ein bodengestütztes Luftverteidigungssystem grösserer Reichweite inklusive bauliche Massnahmen. Heute verfügt die Schweiz über kein solches System. Im vergangenen Jahr hatte sich der Bundesrat für fünf Feuereinheiten des Systems Patriot des US-Herstellers Raytheon entschieden.
Damit werden grosse Räume abgedeckt: Mit wenigen Stellungen kann die Armee einen Grossteil der besiedelten Gebiete der Schweiz schützen, wie Verteidigungsministerin Viola Amherd sagte. Das Patriot-System schliesse eine Sicherheitslücke. Zudem entlaste die bodengestützte Luftverteidigung grösserer Reichweite die Kampfflugzeuge.
Mehrausgaben von 300 Millionen Franken
Nebst den Krediten für die neuen Mittel zum Schutz der Menschen vor Bedrohungen aus der Luft beantragt der Bundesrat dem Parlament wie in den früheren Armeebotschaften die Beschaffung von Armeematerial im Umfang von 695 Millionen Franken. Die Kredite würden unter anderem für die Cyberabwehr, die Erneuerung der Gefechtsausbildungszentren und die Evaluation eines Systems zur Neutralisation von Minidrohnen verwendet.
Der Ständerat stockte diesen Kredit um 15 Millionen Franken auf. Zusätzlich will er Rüstungsgüter im Wert von 285 Millionen Franken beschaffen. Dabei geht es um Material im Cyber-Bereich von 110 Millionen Franken und die Beschaffung der zweiten Tranche 12-cm-Mörser 16 im Umfang von 175 Millionen Franken.
Diese Beschaffungen seien realisierbar, sagten sowohl Kommissionssprecher Salzmann als auch Verteidigungsministerin Amherd. Die zusätzlichen Mittel seien als Teil der geplanten Aufstockung der Armee zu verstehen. Das Parlament beschloss, bis 2030 die Ausgaben für die Armee schrittweise von rund fünfeinhalb auf rund sieben Milliarden Franken zu erhöhen.
Geld für mehrere Bauprojekte
Schliesslich bewilligte der Ständerat die Verpflichtungskredite für verschiedene Bauprojekte in Höhe von insgesamt 349 Millionen Franken ohne Diskussion. Dabei handelt es sich beispielsweise um ein neues Hochregallager für Textilien in Thun BE, für eine neue Fahrzeughalle, eine Werkstatt und einen Werkhof auf dem Flugplatz in Alpnach OW sowie weitere Vorhaben.
Nach den aktuellen Plänen soll die Armeebotschaft 2022 bereits in der Herbstsession vom Parlament verabschiedet werden. Als nächstes geht das Geschäft an die vorberatende Kommission des Nationalrats.