Beim Treffen mit dem neuen OECD-Generalsekretär Mathias Cormann in Bern hat Finanzminister Ueli Maurer Massnahmen gefordert vor der Einführung der Mindeststeuer für international tätige Unternehmen. Knackpunkt: Dieser Mindestsatz liegt über dem Schweizer Durchschnitt.
Vertreter aus rund 130 Staaten hatten sich Anfang Juli auf eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent für weltweit tätige Unternehmen geeinigt.
Bei seinem Treffen mit Cormann habe Bundesrat Maurer die Bedingungen wiederholt, unter denen die Schweiz den Eckwerten des sogenannten Inclusive Framework zugestimmt habe, heisst es in einer Mitteilung des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) vom Donnerstag. Cormann wurde auch vom Schweizer Wirtschaftsminister, Bundespräsident Guy Parmelin, empfangen.
Es müsse sichergestellt werden, dass die Mitgliedsländer die Regeln einheitlich anwendeten und dass bei der Mindestbesteuerung eine ausgewogene Lösung zwischen Steuersatz und Bemessungsgrundlage gefunden werde, schreibt das WBF.
Die Finanzminister der G20 hatten an ihrem Treffen am 10. und 11. Juli in Venedig grünes Licht für die internationale Reform der Unternehmenssteuern gegeben, nachdem sich bereits die G7 darauf geeinigt hatte. Die Eckwerte wollen die G20 im Oktober festlegen.
Ende des Dornröschenschlafs
Maurer hatte während des G20-Treffens vor den Medien in Bern bilanziert, die internationale Steuerreform werde kommen, sie sei unausweichlich. Und er zeigte sich zuversichtlich, dass die Schweiz die Reform schultern kann. Sie müsse allerdings aus ihrem Dornröschenschlaf aufwachen.
Die Reform der Unternehmenssteuern basiert auf zwei Säulen: Eine Mindeststeuer für Unternehmen und die Besteuerung auch im Konsumstaat. Bei der Besteuerung im Konsumstaat seien sich die Finanzminister einig, dass sie auf die 100 weltweit grössten Unternehmen beschränkt sein sollte, sagte Maurer.
In der Schweiz wären fünf Unternehmen betroffen. Von der zuerst anvisierten Digitalsteuer sei man abgekommen, eine grosse Gefahr sei damit gebannt, so Maurer. Die Schweiz könne das problemlos umsetzen.
Von einem Mindeststeueransatz von 15 Prozent betroffen wären Firmen ab einem Umsatz von 750 Millionen Euro und demnach über 250 Schweizer Unternehmen. Hinzu kämen ausländische Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Insgesamt rechnet Maurer mit 3000 bis 4000 Firmen, die unter das Regime fallen würden.
Steuerwettrennen nach unten
Die am geplanten Steuerabkommen teilnehmenden Staaten machen nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rund 90 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus. In den vergangenen Jahrzehnten waren die Staaten weltweit gefangen in einem Steuerwettrennen nach unten im Kampf um die Ansiedlung grosser Firmen.
«Das ist ein Rennen, das niemand gewonnen hat», sagte US-Finanzministerin Janet Yellen. Stattdessen habe es den Ländern Ressourcen genommen, die sie besser in die Bürger und in Infrastruktur, also in Schulen, Krankenhäuser oder in die Rente, gesteckt hätten. Global agierende Konzerne - Digitalunternehmen wie Amazon und Google - zahlen oft kaum Steuern, weil sie Gewinne in Steueroasen verschieben oder mit Tricks Milliarden sparen.
Besinnung auf Gründungsgrundsätze
Bei den Gesprächen mit dem erst seit Anfang Juni amtierenden OECD-Generalsekretär Cormann und Parmelin ging es laut WBF um die Zukunftsvision für die OECD. Es handelt sich dabei um eine Initiative, die die Schweiz im November 2019 an einem Treffen der Global Strategy Group lanciert hatte, als sie diese präsidierte.
Die Mitgliedsländer bekräftigen darin die Gründungsgrundsätze der OECD: die auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte basierende Demokratie und die Prinzipien einer offenen und transparenten Marktwirtschaft. Diese Vision soll im Oktober 2021 anlässlich des 60-jährigen Bestehens der OECD von den Ministerinnen und Ministern verabschiedet werden.
In der 1961 gegründeten OECD mit Sitz in Paris sind 38 Länder vertreten; die Schweiz selbst ist Gründungsmitglied.
(sda/ske)