Die neuste Version des Zugbeeinflussungssystems der SBB verlangsamt die Einfahrt der Züge in die Bahnhöfe um bis zu 20 Sekunden. Obwohl die Anschlüsse auf andere Züge bisher trotzdem gewährleistet werden konnten, räumen die SBB ein, das Problem unterschätzt zu haben.
Das modernisierte digitale System hat zur Folge, dass ein Zug vor Signalen nur noch mit maximal 15 Kilometern pro Stunde (km/h) fahren kann statt wie vorher mit 40 km/h oder mehr. Überschreitet der Lokführer die 15 km/h auch nur minim, wird automatisch eine Zwangsbremsung ausgelöst, wie der Verband Schweizer Lokführer und Anwärter (VSLF) auf seiner Webseite in einer Mitteilung schreibt.
Gefährdung von Passagieren
Weil eine Zwangsbremsung die oft schon stehenden Reisenden in den einfahrenden Zügen gefährdet, bremsen die Lokführer aus Sicherheitsgründen schon möglichst früh ab. Der VSLF befürchtet zudem, dass die verlangsamten Einfahrten «gravierende Auswirkungen» auf die Pünktlichkeit der Züge hat. Über das Phänomen berichteten am Samstag die Zeitungen der TX Group (früher Tamedia).
SBB-Sprecher Martin Meier bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, die Einführung des modernisierten Systems sei «nicht optimal» verlaufen. Die SBB hätten die Abbremsung der Fahrzeuge im Realbetrieb unterschätzt. Im fahrplanmässigen Betrieb habe sich gezeigt, dass die mit dem System ausgerüsteten Fahrzeuge stärker als bisher und stärker als während der Probe- und Testfahrten verlangsamt werden müssten, um eine Zwangsbremsung zu vermeiden.
Die SBB nähmen die Unsicherheiten und Fragen des Lokpersonals sehr ernst. Aktuell werde mit Lokführern auf Probefahrten überprüft, wie die gültigen Anweisungen an die Lokführer angepasst werden müssen, um das Problem zu entschärfen. Man arbeite an Verbesserungen im Zusammenspiel von Fahrzeug, Betrieb und Infrastruktur, sagte der Sprecher.
Mit dem sogenannten ETCS Baseline 3-System ausgerüstet sind Züge der Typen Giruno, Flirt Lex und Régiolis (S-Bahn Genf) sowie der ICE4 der Deutschen Bahn (DB).
(sda/tdr)