Nur einen Monat nach der ausserordentlichen Session tagen die eidgenössischen Räte ab Dienstag erneut. Während der dreiwöchigen ordentlichen Sommersession sollen wichtige Geschäfte verspätet zu Ende beraten werden. Daneben wird die Corona-Krise präsent bleiben.
Noch ist es zu früh, dass das Parlament in sein altes Zuhause zurückkehren könnte. Auch die Sommersession vom 2. bis zum 19. Juni wird in den Hallen der Berner Messe Bernexpo stattfinden. Dort können die Distanzregeln eingehalten werden. Die Infrastruktur steht bereits.
Während die ausserordentliche Session ausschliesslich der Bewältigung der Corona-Pandemie gewidmet war, wird sich das Parlament im Juni auch wieder um anderes kümmern. Doch die Krise bleibt dominant.
Weitere Kredite beantragt
So soll das Parlament beispielsweise die gesetzlichen Grundlagen für eine Proximity-Tracing-App verabschieden. Die Rückverfolgung von Corona-Fällen per App soll unmittelbar danach regulär zum Einsatz kommen.
Zudem soll das Problem der Geschäftsmieten gelöst werden. In der ausserordentlichen Session konnten sich National- und Ständerat nicht auf einen Kompromiss einigen.
Zu reden geben werden weitere Kredite im Kampf gegen das Virus. Der Bundesrat beantragt dem Parlament zusätzlich rund 15 Milliarden Franken. Der grösste Teil davon ist für die Arbeitslosenversicherung (ALV) bestimmt. Die Finanzkommissionen der Räte haben die Kredite gutgeheissen.
Schlussspurt bei Überbrückungsrente
Neben Corona sind weitere wichtige Dossiers traktandiert. Darunter sind solche, die in der abgebrochenen Frühjahrssession nicht mehr behandelt oder zu Ende beraten werden konnten.
Dazu gehört etwa das Bundesgesetz über die Überbrückungsleistungen. Die Zeichen stehen gut, dass das neue Sozialwerk die parlamentarische Hürde nehmen wird. Die Vorlage ist auch als Abstimmungsvehikel gegen die Begrenzungsinitiative der SVP vorgesehen, die im September zur Abstimmung kommen wird.
Der Nationalrat beginnt die Sommersession mit diesem Geschäft. Falls es eine Einigungskonferenz braucht, soll deren Vorschlag Mitte der zweiten Sessionswoche in beide Räte gelangen.
Weitere Etappe beim CO2-Gesetz
Auch bei der Konzernverantwortungsinitiative drängt die Zeit. Über das Volksbegehren stimmen Volk und Stände im Herbst ab. In der Sommersession gibt der indirekte Gegenvorschlag ein weiteres Mal zu reden. Der Ständerat berät die Vorlage zum Auftakt der Sommersession. Über einen allfälligen Antrag der Einigungskonferenz stimmen die Räte in der zweiten Sessionswoche ab.
Die Debatte über das CO2-Gesetz geht ebenfalls in eine neue Runde. Nachdem der Nationalrat das Projekt im Dezember 2018 abgelehnt hatte, wird der Nationalrat in der zweiten Sessionswoche die Vorschläge des Ständerats diskutieren.
Spannend dabei dürfte sein, inwiefern sich die Diskussionen von der aktuellen Corona-Krise leiten lassen. Gegen eine geplante Flugticketabgabe etwa formiert sich von bürgerlicher Seite neuer Widerstand, weil die Luftfahrtindustrie von der Pandemie besonders hart getroffen worden ist.
Entscheid zur Zukunft des Zivildiensts
Ein weiteres heisses Eisen der Sommersession ist das Datenschutzgesetz, über welches die kleine Kammer am ersten Sessionstag zum zweiten Mal diskutiert. Das Ziel der Vorlage ist eine EU-kompatible Gesetzgebung, damit den Unternehmen keine Nachteile drohen.
Kurz vor Abschluss stehen zudem weitere Geschäfte wie das Enteignungsgesetz. Der Ständerat berät am Mittwoch der ersten Sessionswoche die verbleibenden Differenzen.
Das Zivildienstgesetz befindet sich ebenfalls auf der Zielgeraden: Wie der Ständerat möchte auch eine Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK) eine Wartefrist für Personen einführen, die nach abgeschlossener Rekrutenschule von der Armee in den Zivildienst wechseln wollen. Die grosse Kammer beugt sich am Donnerstag der ersten Sessionswoche über die Vorlage.
Dauerbrenner und Neulinge
Traktandiert sind ferner verschiedene Dauerbrenner wie das Thema Transparenz im Politbetrieb. Im Nationalrat sind verschiedene parlamentarische Initiativen zum Thema hängig. Im Zentrum steht die sogenannte Transparenzinitiative sowie ein Gegenentwurf dazu, den die kleine Kammer im vergangenen Dezember beschlossen hatte.
Andere Vorlagen werden erstmals im Parlament diskutiert, wie beispielsweise das Massnahmenpaket zugunsten der Medien. Der Bundesrat will Zeitungen, Radio- und TV-Stationen sowie Nachrichtenagenturen künftig stärker unterstützen. Neu sollen auch Onlinemedien zum Zug kommen. Daneben berät der Nationalrat Vorstösse zur Beseitigung der doppelten Besteuerung von Arbeitsgemeinschaften bei den Radio- und TV-Gebühren.
Mit der Revision des ETH-Gesetzes will der Bundesrat die Aufsichtskompetenz des ETH-Rates klarer regeln und Empfehlungen der Finanzkontrolle umsetzen. Der Nationalrat bespricht das Dossier am Ende der zweiten Sessionswoche.
Eng getaktetes Programm
Auf der Traktandenliste des Nationalrats stehen weiter die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, der Beitritt zu den geänderten Neuen Kreditvereinbarungen des Internationalen Währungsfonds, die Änderung der Strafprozessordnung und die Ehe für alle. Die grosse Kammer beugt sich auch über weitere Massnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen, die Strategie der künftigen internationalen Zusammenarbeit sowie die Anti-Terror-Gesetze.
Der Ständerat behandelt auch den Verlagerungsbericht, verschiedene Doppelbesteuerungsabkommen sowie die Legislaturplanung. Weiter entscheidet die kleine Kammer über die Armeebotschaft oder das Vorläuferstoffgesetz. Das Programm in beiden Räten ist dicht gedrängt.
Am Mittwoch der dritten Sessionswoche finden schliesslich Richterwahlen statt. Zudem ist ab diesem Tag Zeit für eine aktuelle Debatte reserviert. Noch ist unklar, ob es eine solche geben wird.
(sda/tdr)