Das Basler Pharmaunternehmen Roche ist Opfer eines grossen Betrugs geworden. Ein ehemaliger Mitarbeiter und ein Komplize haben den Konzern mit gefälschten Rechnungen um umgerechnet rund 10,07 Millionen Franken erleichtert.

Die beiden Männer müssen sich für ihre Taten am 9. August vor dem Basler Strafgericht verantworten. Die Anklage lautet auf gewerbsmässigen Betrug, mehrfache Urkundenfälschung und gewerbsmässige Geldwäscherei. Die beiden Männer sind geständig. Der Prozess findet in einem abgekürzten Verfahren statt.

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Gemäss Anklageschrift der Basler Staatsanwaltschaft hatte der Konzern im Zeitraum vom Januar 2017 bis August 2017 auf Basis von 86 gefälschten Rechnungen rund 8,35 Millionen Euro - umgerechnet rund 10 Millionen Franken - auf ein Konto nach Singapur überwiesen.

Verantwortlich für den Betrug, der erst jetzt im Hinblick auf die anstehende Gerichtsverhandlung ans Licht kommt, ist ein jahrzehntelanger und inzwischen fristlos entlassener Mitarbeiter von Roche.

Beginn als Lehrling

Der Basler startete 1987 als Lehrling im Konzern und stieg regelmässig die Karriereleiter hoch. Bis zu seiner fristlosen Entlassung im Mai 2018 war er als Category Manager und Einkaufsexperte in der Abteilung Beschaffung für das Unternehmen tätig - er verdiente monatlich 11'000 Franken.

2016 lernte der inzwischen 50-jährige Basler durch seine Frau einen gemäss Anklageschrift «teilweise in dubiose Geschäfte verwickelten» Franzosen kennen. Zusammen hätten sie entschieden, Vermögenswerte unrechtmässig zu Lasten der Roche abzweigen zu wollen.

Finanzabteilung von Roche getäuscht

Der Basler und der französische Geschäftsmann gingen immer nach demselben Muster vor: Sie liessen Roche über ein Firmennetzwerk in Singapur insgesamt 86 Rechnungen zukommen. In den via Paketdienstleister DHL zugeschickten Rechnungen aufgeführt waren angebliche Transportkosten für Medikamente im Biotech-Bereich, die tatsächlich von Roche von Singapur oder Südkorea nach Basel bestellt worden waren.

Der Roche-Mitarbeiter habe aufgrund seiner langjähriger beruflichen Tätigkeit und seinen fundierten Kenntnissen gewusst, wie hoch solche Rechnungen in der Regel ausfallen würden, heisst es in der Anklageschrift weiter. Zudem habe er ein Kreditorenkonto schaffen lassen, welches «täuschend ähnlich» klang wie dasjenige eines tatsächlichen Geschäftspartners von Roche.

Die Mitarbeitenden der Finanzabteilung seien davon ausgegangen, Rechnungen eines bekannten Dienstleisters in den Händen zu haben. «Solchermassen getäuscht» überwiesen sie die Geldbeträge zu Schaden von Roche nach Singapur. Von dort verteilte der französische Geschäftsmann das Geld weltweit auf weitere Konten und verbrauchte es unter anderem für die «Bestreitung seines kostspieligen Lebenswandels» und für die Projekte seiner Firmen.

Der Roche-Mitarbeiter selber liess sich umgerechnet rund 1,5 Millionen Franken auf eine von ihm gegründete GmbH in Basel überweisen. Rund 700'000 Franken gab er etwa für Ferien, Kreditkarten-Abrechnungen und Mobiliar aus.

Freiheitsstrafe bereits abgesessen

Die Beschuldigten hätten die betrügerischen Machenschaften nach «der Art eines Berufs» ausgeübt, heisst es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft.

Im Frühherbst 2017 flog der Betrug auf. Wie es dazu kam, geht aus der Anklageschrift nicht hervor. Weitere 27 gefälschte Rechnungen in der Höhe von 3,8 Millionen Euro waren noch nicht ausbezahlt worden. Ebenso erfolglos blieb der Versuch der Männer, den Konzern mit weiteren 39 gefälschten Rechnungen in der Höhe von 2,7 Millionen Euro zu täuschen.

Der ehemalige Roche-Angestellte hat die von der Staatsanwaltschaft beantragte Freiheitsstrafe von 39 Monaten bereits abgesessen und befindet sich seit Februar 2020 wieder auf freiem Fuss.

Der französische Geschäftsmann muss für 51 Monate ins Gefängnis. Er hatte sich seit März 2019 in Auslieferungshaft in Spanien befunden und sitzt seit letzten April im Basler Gefängnis Bässlergut. Er erhielt zudem einen Landesverweis von 10 Jahren.

Beide Männer müssen Roche einen Schadensersatz in der Höhe von 10,07 Millionen Franken zusätzlich 5 Prozent Zins zahlen.

Roche hat Sicherheitsstandards inzwischen erhöht

Roche wollte sich auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA nicht zum laufenden Verfahren äussern. Wie ein Roche-Sprecher aber betonte, sei der Fall dank interner Kontrollen aufgedeckt und zur Strafanzeige gebracht worden. «Die internen Sicherheitsstandards bei der Bezahlung von Rechnungen wurden weiter erhöht», sagte der Sprecher.

(sda/ske)