Anfang August war ein SBB-Zugbegleiter wegen einer defekten Türsteuerung tödlich verletzt worden. Nun reagiert der Bund: Er verpflichtet die SBB, für das sichere Funktionieren der Türen zu sorgen. Zudem muss das Unternehmen seine Abläufe unter die Lupe nehmen lassen.
Das verfügte das Bundesamt für Verkehr (BAV) am Freitag. Die SBB müssen die Anzeige im Führerstand zum Schliesszustand der Türen rasch verbessern und mittelfristig die Türsteuerung ersetzen. Diese Anordnung erliess das BAV gestützt auf einen Zwischenbericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST), der am Mittwoch publiziert worden war.
Die SUST hatte festgestellt, dass die bestehende Parallelschaltung bei den Türen der EW IV-Wagen dazu führen kann, dass die Türen dem Lokführer als geschlossen gemeldet werden, obwohl dies nicht der Fall ist. Das BAV verlangt, dass die SBB dieses System bis Ende Oktober so anpassen, dass es dem Lokführer den korrekten Zustand der Türen anzeigt.
Gemäss SUST-Bericht funktioniert auch der Einklemmschutz bei den Türen nicht zuverlässig. Die SBB müssen bis Ende Oktober aufzeigen, wie und bis wann die Türsteuerungen ersetzt werden. Ob sich das bei den in die Jahre gekommenen Wagen lohnt, ist offen. Bis die beiden Massnahmen umgesetzt sind, müssen die SBB mit betrieblichen Massnahmen die Sicherheit gewährleisten.
Über 300 Mängel bei gut 1000 kontrollierten Türen
Die SBB hatten nach dem tödlichen Unfall in Baden AG gut 1000 Zugtüren kontrolliert und über 300 Mängel festgestellt. Obwohl nicht alle in gleichem Mass sicherheitsrelevant sind, wirft die hohe Fehlerquote Fragen auf.
«Wenn wir feststellen, dass trotz der Kontrollen so viele Mängel aufgetreten sind, müssen wir uns fragen, woher das kommt», sagte BAV-Vizedirektor Rudolf Sperlich, Leiter Abteilung Sicherheit. Das BAV verlangt daher von den SBB, dass sie Organisation und Abläufe beim Fahrzeugunterhalt durch ein externes Unternehmen überprüfen lassen. Untersucht werden sollen etwa Instandhaltungsprozesse, Fachwissen oder der Umgang mit Störungsmeldungen.
Der Zeitplan und das Pflichtenheft für das Audit müssen bis Ende Oktober stehen. Je nachdem, welche Resultate das Audit bringe, würden weitere Schritte geprüft, sagte Sperlich. Schliesslich müssen die SBB überprüfen, ob bei vergleichbaren Wagenflotten ähnliche Risiken bestehen.
Keine Selbstzweifel beim BAV
Einen Anlass, den Rückzug einzelner Wagen oder sogar der ganzen Flotte anzuordnen, sieht das BAV nicht. Die verfügten Massnahmen seien ausreichend, um den sicheren Betrieb zu gewährleisten, ist Sperlich überzeugt. Das gelte sowohl für die Passagiere als auch für das Personal. «Reisen mit EW IV-Zügen ist sicher».
Zweifel an der eigenen Aufsicht hat Sperlich nicht. Das BAV prüfe Prozesse und Abläufe, bis in die Werkstätten hinein. Kleinere Vorfälle würden der Aufsichtsbehörde nicht gemeldet, diese Informationen gelangten gar nicht bis ins BAV.
Ribar: Anspruchsvolles Jahr
Die SBB wollen am Nachmittag zu den Anordnungen des BAV Stellung nehmen. Am Rande einer Medienkonferenz vom Donnerstag sagte SBB-Präsidentin Monika Ribar, es sei zu früh, klare Schlussfolgerungen zu den systemischen Mängeln zu ziehen. Die SBB gingen den festgestellten Mängeln «Die SBB tun alles, damit sich eine solche Tragödie nicht wiederholt.»
Am ersten Augustwochenende war bei der Abfertigung eines Interregios in Baden der 54-jährige Zugchef von einer Türe eingeklemmt und mehrere Kilometer mitgeschleift worden. Der Lokführer bemerkte den Unfall nicht. Der Zugchef starb an den Folgen seiner Verletzungen.
Ribar sprach von einem anspruchsvollen Jahr für die SBB. Neben den Problemen mit dem Dosto-Zug und der Hitze erwähnte sie die vielen Grossanlässe, darunter das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest vom Wochenende. «Da ist unser Unternehmen noch viel mehr beansprucht», sagte die SBB-Präsidentin.
(sda/gku)