Während viele grosse Autohersteller im vergangenen Quartal Rekordgewinne machten, sind der Unternehmensberatung PwC zufolge nur noch 24 Prozent ihrer Zulieferer finanziell solide aufgestellt. 42 Prozent dagegen seien "inzwischen in einer finanziell angespannten Lage", teilte PwC am Montag mit. Die Chipkrise bremse ihre Transformation zur Elektromobilität aus.
Die Berater hatten 494 Zulieferer aus 35 Ländern unter die Lupe genommen. Im Sommer hätten Autobauer und Zulieferer noch von Nachholeffekten und der steigenden Nachfrage nach E-Autos profitiert, sagte PwC-Branchenexperte Thomas Steinberger. Inzwischen hätten die Autobauer aus Sorge um die Lieferketten ihre Bestellungen hochgefahren. "Diese werden jedoch aktuell nicht abgerufen, da die Autohersteller aufgrund des Chipmangels nur verzögert Fahrzeuge ausliefern können", sagte Steinberger. Jetzt kämpften Zulieferer mit überhöhten Lagerbeständen bei steigenden Rohstoff- und Energiepreisen. Ihre wirtschaftliche Situation werde laufend schlechter. "Sollte sich die Lage nicht bald entspannen, werden sich viele Zulieferer genötigt sehen, weitere und härtere Restrukturierungsmassnahmen einzuleiten", sagte Steinberger.
Dagegen haben die 16 grössten Autokonzerne der Welt nach einer Studie der Prüf- und Beratungsfirma Ernst & Young (EY) im vergangenen Quartal "mehr Gewinn erwirtschaftet als je zuvor": Ihre Verkaufszahlen brachen zwar um 16 Prozent ein - aber ihr Betriebsgewinn stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11 Prozent auf 23,1 Milliarden und damit auf ein neues Rekordhoch. Denn die verfügbaren Mikrochips wurden in teure, profitable Modelle eingebaut. Und für Autokäufer gibt es keine Rabatte mehr, weil die Nachfrage das Angebot übersteigt. "Eine derartig gute Preisdurchsetzung hat die Branche schon sehr lange nicht erlebt", sagte EY-Branchenexperte Constantin Gall. "Selbst wenn sich die Halbleiterkrise im Lauf des kommenden Jahres entschärft, dürften die Preise noch eine Weile oben bleiben."
Trotzdem herrsche bei den Autobauern keine Feierstimmung: "Im Gegenteil" sagte EY-Partner Peter Fuss. Auch Unternehmen, die bislang noch ausreichend Halbleiter hatten, dürften Materialknappheit und Preissteigerungen zunehmend zu spüren bekommen. Corona könnte zu weiteren Produktionsausfällen und Logistikstörungen führen. "Zudem stellt die aktuelle Situation die Zulieferer vor enorme, teils existenzielle Schwierigkeiten - und letztlich sitzen Hersteller und Zulieferer im selben Boot, die Hersteller sind auf solvente Zulieferunternehmen angewiesen", sagte Fuss.
In allen Märkten brach der Absatz im dritten Quartal ein - besonders aber in China, wo die deutschen Hersteller 31 Prozent weniger Autos verkauften. Chinas Anteil in ihrem Absatz schrumpfte damit erstmals seit 2015, von 39,4 auf 38,2 Prozent. In China "sehen wir derzeit besonders deutliche Auswirkungen der Chipkrise", sagte Fuss.
Die Autokonzerne könnten jetzt nur noch bedingt auf die Materialknappheit reagieren. Langfristige Verträge und unterschiedliche Bevorratungsstrategien liessen wenig Spielraum, sagte Gall. "Derzeit fahren alle auf Sicht." Künftig aber müssten verlässliche Partnerschaften mit Lieferanten wichtiger sein, als "das letzte Quäntchen an Kostenoptimierung herauszuholen".