30 Jahre habe es keine grossen Vorhaben gegeben und die Fähigkeit sei verlorengegangen, für das Allgemeinwohl individuelle Einschnitte in Kauf zu nehmen, monierte die Chefin eines der grössten Schweizer Energieunternehmens im Video-Interview mit der Nachrichtenagentur AWP. Es würden Projekte bekämpft, es gebe Einsprachen und teils auch «die Erwartung, dass andere eher was machen sollen».
«Aber Energieversorgung ist eine breite Aufgabe der gesamten Bevölkerung», so Kanngiesser. Die Unternehmen müssten die Projekte lancieren, und die Gesellschaft müsse diese wiederum «mit voller Akzeptanz» unterstützen.
Struktureller Mangel im Winter
Eine mögliche Strommangellage sei für diesen Winter derzeit zwar kein Thema mehr. Denn die Speicher in Europa seien sehr gut gefüllt, und der Herbst sei sehr warm gewesen. Es reiche jetzt für die letzten drei Monate, sagte die Alpiq-Chefin. Die «Wette auf das Wetter» sei in diesem Jahr also aufgegangen.
Die Schweiz habe aber «einen strukturellen Mangel im Winter». Daher brauche das Land rasch einen Zubau von «Winter-Energie» - sprich Wasserkraft, Windkraft, alpine Solaranlagen und Speicher. «Das hilft uns, durch den Winter zu kommen.» Und der zweite Teil sei die Integration in den europäischen Strommarkt.
Der Energie-Mantelerlass, mit dem die Energiewende stärker vorangetrieben werden soll, sei derweil ein Schritt in die richtige Richtung. Das Parlament habe mit der Gesetzesvorlage einen sehr breiten Konsens erzielt. Ob die Massnahmen ausreichen werden, könne heute noch nicht beurteilt werden.
Die Diskussion darüber, hierzulande womöglich das AKW-Neubau-Verbot aufzuheben, könne man derweil führen, sagte sie auf eine entsprechende Frage. Die Debatte werde aber die Versorgungssicherheit in den nächsten zehn bis 15 Jahren nicht verändern. «Und sie lenkt ab von der Debatte, die wir jetzt führen müssen.» Die entscheidenden Elemente seien jetzt die Winter-Energie und der Speicherausbau. «Auf diese Projekte konzentrieren wir uns in den nächsten Jahren.»