Die Schweiz und Grossbritannien streben ein ambitioniertes Freihandelsabkommen an. Das gaben die britischen Behörden am Donnerstag nach dem Treffen in London von Bundespräsident Ignazio Cassis mit dem britischen Premierminister Boris Johnson bekannt.

Gemäss den Briten soll ein Abkommen die beiden Volkswirtschaften ankurbeln und "der Welt zeigen, was zwischen zwei gleichgesinnten und innovativen Demokratien möglich ist". Die Verhandlungen dazu sollen Anfang 2023 beginnen, wie Cassis an einer Medienkonferenz in London sagte. Man wolle mit exploratorischen Gesprächen starten, um das existierende Handelsabkommen zu modernisieren.

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Ein verbessertes Handelsabkommen mit der Schweiz sei "eine Riesenchance, den Handel zu liberalisieren", liess sich Anne-Marie Trevelyan, britische Ministerin für internationalen Handel, zitieren. Das Abkommen soll gemäss Cassis auch die Postionen der Schweiz und Grossbritanniens gegenüber der Europäischen Union (EU) stärken. "Wir haben ein klares Interesse daran, eine gemeinsame Front zu bilden und einen Weg zu finden, uns gegenseitig gegenüber der EU zu stärken", sagte Cassis.

Besser bezahlte Arbeitsplätze

Laut britischen Angaben soll das Abkommen helfen, Industrien der Zukunft wie etwa der digitale Handel oder innovative Dienstleistungen auf eine nächste Stufe zu stellen. Auch könnten so besser bezahlten Jobs geschaffen werden.

Bis vor dem Brexit basierten die Beziehungen zwischen der Schweiz und Grossbritannien massgeblich auf den bilateralen Abkommen mit der EU. Seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU gilt ein separates Handelsabkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien. Die Schweiz ist der zehntgrösste Handelspartner des Vereinigten Königreiches. Dieses wiederum ist der achtwichtigste Handelspartner der Schweiz.

Die Schweiz und das Vereinigte Königreich unterzeichneten gemäss Mitteilung des Schweizer Aussendepartements generell eine gemeinsame Erklärung zur Weiterentwicklung ihrer bilateralen Partnerschaft. Cassis sprach von einem Aktionsplan, der "unsere Kooperation weiter ausbauen wird". Konkret geht es neben dem Abkommen zum Handel auch um Finanzdienstleistungen, Forschung und Innovation, Mobilität sowie die aussenpolitische Kooperation.

Bei den Finanzdienstleistungen wird ein Abkommen zwischen den beiden bedeutenden Finanzplätzen noch in diesem Jahr erwartet, wie Cassis sagte. Nach dem Austritt Grossbritanniens aus der EU sei man nicht mehr "in das Korsett der EU gezwängt, und das gibt uns mehr Spielraum, um ein Abkommen auszuhandeln", erklärte Cassis.

Teilnahme an Ukraine-Konferenz

Zentrales Thema am Treffen zwischen Cassis, Johnson und der britischen Aussenministerin Elizabeth Truss war auch der Krieg in der Ukraine. Die Regierungsspitzen betonten in einer gemeinsamen Erklärung ihre Bestürzung über Angriffe auf zivile Einrichtungen und verurteilten Verstösse gegen das Völkerrecht und das humanitäre Recht.

Mit Blick auf den Krieg gegen die Ukraine dankte der britische Premierminister Johnson Cassis auf Twitter zudem "für die Unterstützung seines Landes bei den Sanktionen" gegen Russland. Man habe zudem darüber gesprochen, wie das Vereinigte Königreich und die Schweiz den finanziellen Druck auf Russland aufrechterhalten können.

Cassis sagte dem italienischsprachigen Schweizer Radio und Fernsehen (RSI), dass Johnson angekündigt habe, dieser selbst oder eine hochrangige Delegation würden an der in Lugano TI geplanten fünften Konferenz für die Ukraine Anfang Juli teilnehmen. Der ursprünglich als Reformkonferenz angekündigte Anlass soll gemäss Cassis umbenannt werden in eine Konferenz für den Wiederaufbau der Ukraine.

Queen empfängt Cassis fit und lächelnd

Cassis wurde auch von der britischen Königin Elisabeth II. persönlich zu einem Höflichkeitsbesuch empfangen. Es war der erste öffentliche Auftritt der Queen nach ihrem 96. Geburtstag in der vergangenen Woche.

Zuletzt hatte es immer wieder Sorgen um die Gesundheit der inzwischen 96 Jahre alten Monarchin gegeben. Doch bei dem Treffen mit Cassis und seiner Frau Paola wirkte die Königin frisch und bestens gelaunt. Sie war auch ohne ihren obligaten Gehstock unterwegs. In den vergangenen Monaten hatte die Queen immer wieder öffentliche Auftritte abgesagt.

"Sie schien mir gesund, elegant und warmherzig", sagte Cassis nach dem Empfang vor den Medien. "Sie hat mir viele Fragen über die Schweiz gestellt und ich habe ihr zu ihrem Jubiläum gratuliert." Die Queen blickt auf eine bislang 70-jährige Regentschaft zurück.

(sda/gku)