Trotz Zehntausender Neuinfektionen pro Tag wollen Dänemark und England künftig fast ohne Corona-Massnahmen auskommen. In England sind am Donnerstag erneut die Masken gefallen, in Dänemark soll es in der kommenden Woche so weit sein. Beide Regierungen verlassen sich darauf, dass Omikron die meisten Infizierten von schweren Verläufen verschont.

Ab dem kommenden Dienstag, dem 1. Februar, müssen die Dänen an den meisten Orten keine Masken mehr tragen oder Impfnachweise zeigen, wie die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Mittwochabend in Kopenhagen sagte. Damit folgt ihre Regierung den Weisungen der zuständigen Kommission, die empfohlen hatte, die Notfallmassnahmen zur Bekämpfung der Pandemie – und damit die meisten Beschränkungen – auslaufen zu lassen.

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Frederiksen bezeichnete den Schritt als Meilenstein. «Wir sagen ‹Auf Wiedersehen› zu Einschränkungen und ‹Hallo› zu dem Leben, das wir vor Corona kannten», sagte die Regierungschefin. Die hohe Impfbereitschaft habe sich als «Superwaffe» herausgestellt, so Frederiksen weiter. Omikron rufe seltener schwere Krankheitsverläufe hervor, und die Zahl der Krankenhauseinweisungen sei verhältnismässig gering. In Dänemark sind mehr als 80 Prozent der Gesamtbevölkerung zweifach geimpft. Die Hälfte der Dänen hat bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten.

Die Ministerpräsidentin mahnte die Menschen aber auch dazu, Rücksicht zu nehmen auf Risikogruppen wie Ältere, gesundheitlich Geschwächte und Menschen mit chronischen Erkrankungen. «Jeder und jede muss sich auch in einem offenen Dänemark sicher fühlen», sagte die sozialdemokratische Politikerin. Bleiben sollen vorerst eine Testpflicht für einige Einreisende sowie nicht verpflichtende Empfehlungen zu Tests und anderen Vorsichtsmassnahmen.

Ab dem nächsten Monat sollen nun in Dänemark Diskotheken wieder normal öffnen und Grossveranstaltungen ungehindert über die Bühne gehen können – obwohl das Land derzeit Tag für Tag Rekordwerte an Neuinfektionen zählt. Am Mittwoch wurden 46’747 neue Corona-Fälle gemeldet. Nach Einschätzung der Regierung werden die Zahlen im Februar weiter steigen, bevor sie wieder fallen.

Experten und Expertinnen zeigten sich teilweise skeptisch. Der Mathematiker und Epidemiologe Viggo Andreasen von der Universität Roskilde unterstützt die Lockerungen im Prinzip, hätte sich aber für eine leichte Verzögerung ausgesprochen. Er fürchtet, dass bei noch höheren Infektionszahlen so viele Menschen gleichzeitig krank sind, dass es Probleme für Krankenhäuser, Pflegeheime oder Schulen geben könnte.

In England, wo durch die Omikron-Welle hindurch relativ grosse Freiheiten galten, fallen nun auch noch die bislang weiterhin geltenden Massnahmen: Ab Donnerstag gilt im grössten britischen Landesteil in den meisten Innenräumen keine Maskenpflicht mehr, und auch die ohnehin nur bei Grossveranstaltungen und in Clubs eingesetzten Impf- oder Testnachweise müssen nicht mehr kontrolliert werden. Die Empfehlung, von zu Hause aus zu arbeiten, ist ebenfalls Geschichte. Es ist der Freedom Day 2.0 – allerdings ohne grossen Knall wie im letzten Jahr, da das Land sich zurzeit komplett im Sog der Partygate-Affäre um Premier Boris Johnson befindet.

Johnsons stark unter Druck stehende Regierung hat die wegen der Omikron-Variante eingeführten, sogenannten Plan-B-Massnahmen auslaufen lassen, nachdem die Zahl der Corona-Neuinfektionen seit Anfang Januar rapide gefallen war. Er hatte die Beschränkungen im Dezember nur mit Unterstützung der Opposition gegen den Widerstand in seiner eigenen Partei durchs Parlament gebracht.

In der britischen Hauptstadt London gilt weiterhin in Bahnen und Bussen eine Maskenpflicht. Auch einige Supermärkte rufen ihre Kundinnen und Kunden weiterhin dazu auf, eine Maske zu tragen. Ansonsten wird es wieder zur Privatsache, wer sich wo und wie vor dem Virus schützen will.

In den vergangenen Tagen haben sich die Neuinfektionen im Vereinigten Königreich auf hohem Niveau eingependelt – täglich werden zwischen 80’000 und 100’000 Neuinfektionen gemeldet, die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei rund 945 (Stand: 21. Januar). Schottland, Wales und Nordirland entscheiden eigenständig über ihre Corona-Politik und wählen einen etwas vorsichtigeren Weg.

(sda/gku)