Erstmals seit Verabschiedung verschärfter europäischer Digital-Gesetze hat die EU-Kommission ein Verfahren gegen eine Online-Plattform eingeleitet. Der früher als Twitter bekannte Kurznachrichtendienst X tue nicht genug gegen Falschinformationen im Zusammenhang mit dem Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel, kritisierte EU-Industriekommissar Thierry Breton am Freitag. In den vergangenen Tagen hatte er auch die Facebook-Mutter Meta sowie die Kurzvideo-Plattform TikTok gerügt und an die Einhaltung ihrer Pflichten unter dem Digital Services Act (DSA) erinnert.
Als ersten Schritt der Ermittlungen habe die Kommission Informationen bei X angefordert, fügte Breton hinzu. Das Unternehmen wollte sich zu diesem Thema nicht äussern. Eigentümer Elon Musk schrieb allerdings auf seinem Kurznachrichtendienst, die EU habe bislang keinerlei Beispiele für Desinformationen aufgezeigt. Vor einigen Tagen hatte X-Chefin Linda Yaccarino darauf hingewisen, Hunderte Nutzerkonten mit Verbindungen zur Hamas gelöscht zu haben.
Nach Aussagen von Forschern haben seit Ausbruch der Kämpfe Falschinformationen (Fake News) auf X, TikTok und den Meta-Diensten Facebook und Instagram stark zugenommen. Auf X scheine dieses Phänomen am weitesten verbreitet zu sein. Meta teilte inzwischen mit, einen Krisenstab eingerichtet zu haben, der rund um die Uhr Beiträge auf der Plattform überwache. Ausserdem arbeite der US-Konzern mit externen Experten zusammen, um Fakten zu prüfen. Zwischen dem 7. und dem 10. Oktober seien mehr als 795'000 Beiträge gelöscht worden.
Seit seiner milliardenschweren Übernahme von Twitter vor rund einem Jahr hat der selbst ernannte «Absolutist der Meinungsfreiheit» und Milliardär Musk die Regeln für die Moderation von Inhalten auf dem Kurznachrichtendienst gelockert. Ausserdem fielen viele Beschäftigte aus diesem Bereich der umfassenden Entlassungswelle in dem Unternehmen aus San Francisco zum Opfer.
(reuters/spi)