Die zuletzt auf ein Rekordtief abgesackte türkische Lira hat nach der jüngsten Ankündigung von Staatschef Recep Tayyip Erdogan wieder Auftrieb bekommen. Gegenüber dem Dollar gewann die türkisch Landeswährung am Dienstag weiter an Wert, nachdem sie bereits am Montagabend zugelegt hatte. Staatschef Recep Tayyip Erdogan kündigte unter anderem den Schutz von Ersparnissen vor Wechselkursschwankungen an.

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Am Dienstagvormittag waren für einen Dollar 12,65 Lira nötig. Damit war die türkische Landeswährung wieder deutlich stärker als beim jüngsten Rekordtief, als für einen Dollar 18,36 Lira notwendig waren. Zu Jahresbeginn hatte der Kurs allerdings noch bei 7,43 Lira für einen Dollar gelegen.

Erdogan hält sich nicht an Ökonomenlehre

Grund für den starken Verfall ist vor allem die Politik von Präsident Erdogan, der entgegen der herrschenden Ökonomenlehre eine Erhöhung der Leitzinsen strikt ablehnt. Die türkische Zentralbank hat den Leitzins auf Druck Erdogans seit September mehrfach gesenkt. Aktuell beträgt er 14 Prozent.

Am Montagabend kündigte der Präsident an, dass es neue Massnahmen zur Stützung der Lira geben solle – unter anderem einen Mechanismus zum Ausgleich von Wertverlusten bei bestimmten Bankeinlagen infolge von Wechselkursentwicklungen. Auch wenn Erdogan nicht ausführte, wie genau dieser Mechanismus funktionieren soll, werteten Beobachter dies als indirekte Zinserhöhung.

«Wenn der Wechselkurs (zum Dollar) um 40 Prozent steigt und die Zinsen bei 14 Prozent sind, werden 26 Prozentpunkte als Entschädigung gezahlt», erläuterte der Ökonom und frühere Berater des Finanzministeriums Mahfi Egilmez bei Twitter. Die neue Ausgleichsregelung wird nach Angaben des türkischen Finanzministeriums aber erst drei Monate nach Einzahlung bei der Bank wirksam.

Verbraucherinnen und Verbraucher erleiden Verluste

Die Inflation in der Türkei liegt aktuell nach offiziellen Angaben bei 21 Prozent. Da der Leitzins darunter liegt, erleiden die Verbraucherinnen und Verbraucher de facto Verluste, wenn sie Lira bei der Bank deponieren. Ökonomen warnten bereits vor einem Ansturm auf die Banken. Sie zweifel aber, wie nachhaltig die neue Massnahme ist. Die Garantie für die Einlagen werde die Staatskasse weiter belasten und letztlich mit Steuergeld bezahlt werden, warnte etwa der frühere Wirtschaftsminister Ali Babacan.

Ausserdem denken Wirtschaftswissenschaftler nicht, dass die Massnahmen etwas an den massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten für die Menschen in der Türkei ändern. «Das ist schlechte Politik», erklärte etwa Analyst Timothy Ash von Bluebay Asset Management. Diese Massnahme verschaffe Erdogan möglicherweise etwas Zeit und verhindere einen Bankencrash. «Sie bewirkt aber nichts gegen die Inflation.»

AFP/jm/ilo/sas