Die europäische Start-up-Branche bleibt auch nach dem Krisenjahr 2022 unter Druck. Die Investments in Tech-Firmen dürften dieses Jahr 51 Milliarden Dollar erreichen, schätzt der Risikokapitalgeber Atomico. Das wäre weniger als die Hälfte als im Boomjahr 2021 mit 106 Mrd Dollar Wagniskapital und nochmals weniger als 2022 (83 Mrd). "Die neue Realität des Marktes wird anhalten", heisst es in der Analyse, die am Dienstag auf der Branchenmesse Super Venture in Berlin vorgestellt werden soll.

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"2021 war ein klarer Ausreisser, und die Investitionsvolumen sowie Bewertungen kehren nun zu den langfristigen Durchschnittswerten zurück", sagte Atomico-Partner Tom Wehmeier. "Es wird weiterhin zu Abwertungen kommen, und es könnten weitere Entlassungen folgen." Blieben die Investitionen auf dem aktuellen Level, schneide 2023 aber ein Drittel über dem Wert von 2020 ab, so der Risikokapitalgeber, der auch in die deutschen Start-ups Lilium und Infarm investiert hat.

In Europa halte sich Deutschland mit einem Rückgang um 44 Prozent im ersten Halbjahr 2023 besser als Grossbritannien und Frankreich: Dort schrumpften die Gelder, die Start-ups für ihr Wachstum dringend brauchen, um 59 beziehungsweise 55 Prozent binnen Jahresfrist.

Deutlich mehr Entlassungen

Nach einem Boomjahr 2021, als die Tech-Branche von einem Digitalisierungsschub in der Pandemie und risikofreudigen Investoren profitierte, hatte sich der Markt 2022 komplett gedreht. Angesichts von Ukraine-Krieg, schwacher Konjunktur und dem kräftigen Zinsanstieg hielten sich Investoren mit Geldspritzen zurück. Die Bewertungen grosser Start-ups brachen ein. Viele Firmen strichen Jobs. Im ersten Quartal 2023 gab es laut Atomico in der Tech-Branche noch weltweit 185'000 Entlassungen, mehr als im Gesamtjahr 2022 mit 165'000.

In diesem Jahr setzten sich die widrigen Bedingungen fort, hiess es. Während es angesichts der Unsicherheit kaum Börsengänge von Tech-Firmen gebe, seien die Unternehmensbewertungen zu Jahresbeginn bereits in einem Fünftel der Finanzierungsrunden gesunken. Zugleich gebe es weniger Neugründungen, und es trauten sich zunehmend die erfahrenen Gründer an den Markt. Es gebe aber Hoffnung auf eine Stabilisierung gegen Jahresende mit mehr Börsengängen.