Das grösste Kundensegment für die Schweizer Assetmanager sind Pensionskassen mit einem Anteil von gut 44 Prozent. In einer jüngst erschienenen Publikation des Rechtsanwalts Willy Huber wird Ihrer Branche «Geldmacherei» mit der Verwaltung der Vorsorgegelder vorgeworfen. Wie stehen Sie zu diesen Vorwürfen? 

Ebenso könnte ich Ihrem Verlag vorwerfen, dass die «Handelszeitung» 5.50 Franken kostet. Aber keine Sorge, die 5.50 Franken bezahle ich gerne, denn ich bekomme einen hervorragenden Gegenwert dafür. Genau so verhält es sich mit den Assetmanagementgebühren. Allein im letzten Jahr summierten sich die Kapitalmarktbeiträge in der beruflichen Vorsorge (BVG) netto auf 57 Milliarden Franken, nach Abzug der Vermögensverwaltungsgebühren von knapp 0,5 Prozent, also rund 5,5 Milliarden Franken. Seit 2004 beläuft sich der Kapitalmarktbeitrag, also die Leistung des dritten Beitragszahlers, auf über 500 Milliarden Franken, das sind über 100’000 Franken pro versicherte Person. 

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Es könnte aber mehr sein, wenn die Kosten tiefer liegen würden …

Natürlich liessen sich die Assetmanagementgebühren auf praktisch null senken. Beispielsweise indem Pensionskassen ausschliesslich Staatsobligationen kaufen würden oder die Vorsorgegelder auf einem Bankkonto liegen liessen. Das Ergebnis wäre allerdings, dass die Versicherten auf den dritten Beitragszahler verzichten müssten und damit finanziell deutlich schlechter fahren würden. Jede Dienstleistung hat einen Preis. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung die Kosten der BVG kennt. Aber genauso wichtig ist, dass sie weiss, was die Leistung ist.  

Könnte man mit dem vermehrten Einsatz von passiven Anlageinstrumenten, die deutlich günstiger sind als die aktive Vermögensanlage, mehr Kosten sparen?

Passive Instrumente werden in der Gesamtallokation der Pensionskassengelder bereits breit eingesetzt. Es gibt aber gewisse Vermögensklassen, die sich nicht passiv abbilden lassen wie beispielsweise Privatmarktanlagen oder Immobilien. Das sind aber wichtige Bestandteile einer Vermögensallokation, die zwar mehr kosten, aber über die letzten zehn Jahre einen erheblichen Mehrwert gebracht haben.

Gerade in diesen Anlageklassen fallen häufig Performance Fees an, die, wenn die Rendite eines Fonds eine bestimmte Marke überschritten hat, bis zu 20 Prozent auf dem Gewinn betragen können. Das erscheint sehr hoch.

Ich bin ein grosser Anhänger von Performance Fees, weil sie die Anreize so setzen, dass am Schluss der Investor maximal profitiert. Die Interessen der Assetmanager und der Kundschaft sind hier aligniert: Sie sitzen an der gleichen Seite des Tischs. Ein Private-Equity-Manager nimmt teilweise auch ein Ertragsrisiko auf sich, ohne die Kosten eins zu eins weiterzugeben. Dafür partizipiert er auch am Erfolg, wenn sich dieser einstellt. In den Jahren 2022 und 2023 waren die Performance Fees in dieser Anlageklasse deutlich tiefer, weil es im Private-Equity-Markt aufgrund der gestiegenen Zinsen zu einem Exitstau kam. Das schlägt sich sofort in den gesamten Vermögensverwaltungskosten nieder.

Neben den Performance Fees gibt es noch weitere Kosten, die gern als «versteckte Kosten» bezeichnet werden und auch einen schalen Nachgeschmack bei Kritikern und Kritikerinnen hinterlassen. Zum Beispiel Transaktionskosten oder Erträge durch Spreads in den Kauf- und Verkaufspreisen bei Wertpapieren.

Allein der Begriff «versteckt» suggeriert, dass Assetmanager da etwas verheimlichen. Diese Informationen sind aber bekannt: Jede Pensionskasse weiss, dass es eine Geld-Brief-Spanne, also einen Bid-Ask-Spread beim Kauf von Wertpapieren, gibt oder dass beim Kauf oder Verkauf einer Immobilie Transaktionskosten anfallen.

Das Adjektiv «versteckt» rührt vielleicht daher, dass diese Kosten nicht in der Gesamtkostenquote (TER) abgebildet werden. 

Es ist richtig, dass die TER nicht alles erfasst, wie etwa die erwähnten Transaktionskosten im Wertpapierhandel oder bei Immobilieninvestments. Letztere werden aber nach internationalen Rechnungslegungsstandards erhoben und sind Teil der Rechnungslegung bei Immobilienfonds. Sie werden also ausgewiesen. Die Konferenz der Geschäftsführer von Anlagestiftungen (KGAST) hat vergangenen Mai eine neue Transparenzrichtlinie erlassen, wonach diese Transaktionskosten im Anhang des Jahresberichts ausgewiesen werden müssen.

 

Zur Person: 

Adrian Schatzmann ist CEO der Asset Management Association Switzerland (Amas). Zudem ist er Vorstandsmitglied bei der European Fund and Asset Management Association (Efama) sowie Mitglied des Verwaltungsrats der Swiss Fund Data AG

Was ist mit der Geld-Brief-Spanne, deren Kosten nirgends ausgewiesen werden und die sich Assetmanager angeblich in die eigene Tasche stecken?

Am Spread verdient der Assetmanager nichts. Und diese Kosten werden von Pensionskassen teilweise ausgewiesen, neben der TER. Dabei handelt es sich aber um Schätzungen, denn diese Kosten können nicht exakt ausgewiesen werden und sind nicht auditfähig. In dem Moment, in dem ein Assetmanager ein Wertpapier kauft, gibt es keinen für alle ersichtlichen festen Preis, sondern nur eine Preisspanne. 

Wer profitiert denn von diesen Spreads? 

Der Market-Maker, aber er trägt auch das Risiko. Er muss seine Positionen absichern, was natürlich auch etwas kostet. Zudem hat er ein ungedecktes Risiko: Er muss den Bestand für die Kundschaft bereithalten und diese auch nach plötzlichen Marktveränderungen bedienen können. Aber auch hier spielt der Wettbewerb: Der Handel läuft voll elektronisch und ist bezüglich der Spreads sehr transparent. Käufer können somit den Marktplatz aussuchen, bei dem der Spread gerade am tiefsten ist. 

Was sind die wesentlichen Kostentreiber aufseiten des Assetmanagements? 

Bei passiven Instrumenten schlagen vor allem die Benchmarkkosten zu Buche. Man muss für die Nutzung jedes Index eine Gebühr entrichten. Das kostet jeweils ein paar Basispunkte, was die ohnehin schon dünne Marge bei passiven Anlageprodukten schmälert. Assetmanager stehen einer fast schon oligopolistischen Angebotsstruktur gegenüber. MSCI, Dow Jones und Standard & Poor’s dominieren als Indexanbieter den Markt.

Welche Kosten schlagen bei der aktiven Vermögensverwaltung zu Buche?

Eine Portfoliolösung ist umso teurer, je aktiver sie verwaltet wird. Ein aktiver Assetmanager muss sich vertieft mit den Unternehmen auseinandersetzen, in die er investiert. Er muss Research betreiben, Bewertungsmodelle anwenden, mit den Firmenleitungen kommunizieren und die eigenen Thesen periodisch überarbeiten. 

Aber letztlich fliessen alle Informationen doch in standardisierte mathematische Berechnungsmodelle …

Das Research ist bei jedem Assetmanager proprietär. Das teilt keiner mit dem anderen, weil jeder besser sein möchte als die Konkurrenz. Zudem hat jeder Assetmanager seinen eigenen Investmentprozess. Auch dieser ist so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal eines jeden Managers.

Dennoch weisen die verschiedenen Fonds am Ende doch meist nur marginale Unterschiede in der Rendite aus.

In der Momentaufnahme scheint das so. Der aktive Portfoliomanager muss aber den Nachweis erbringen, dass er langfristig einen Mehrwert erwirtschaften kann. Nur so kann er die höheren Kosten rechtfertigen. Das gelingt nicht allen. Auch dies trägt zur Popularität von passiven Anlagen bei. 

Im vergangenen Jahr konnte die Branche bei den verwalteten Vermögen zulegen, aber die Profitabilität ging zurück. Woran liegt das? 

Assetmanagement ist ein hoch kompetitiver Markt, in dem gerade institutionelle Kunden wie etwa Pensionskassen auf Augenhöhe mit dem Assetmanager sind. Da wird kein Franken zu viel ausgegeben, es wird um jeden Basispunkt gekämpft. Es ist ein mediales Märchen, dass die Finanzbranche die Vorsorgewerke abzockt. Pensionskassenmanager sind professionelle Anleger, die den Markt genau kennen und es auch verstehen, ihre Preismacht durchzusetzen.  

Wie hat sich die Übernahme der CS durch die UBS auf den Markt und die Preise ausgewirkt?

Natürlich hat sich durch die CS-Übernahme im Pensionskassengeschäft eine höhere Marktkonzentration ergeben. Doch der Markt spielt: Die Kunden und Kundinnen können aus Diversifikationsgründen nun zusätzliche Anbieter berücksichtigen. Dies könnten vermehrt auch ausländische Assetmanager als Chance nutzen und Marktanteile gewinnen.

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Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Banking, und ihr Bankenexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die Schweizer Bankenszene bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt anmelden!
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