Nach der Corona-Krise ist vor der Teuerungs-, Kriegs- und Energiekrise: Auch 2023 werden die Budgets der Kantone von Sondereffekten belastet. Sie wollen aber die Kaufkraft erhalten. Mehr als die Hälfte der Kantone rechnet mit teilweise hohen Fehlbeträgen.
Dies zeigt eine Auswertung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zudem drohen heuer die Millionen der Nationalbank (SNB) auszufallen, was die Berechnungen zusätzlich erschwert. «Wir sind von einer Krise in die Nächste geschlittert», sagte der Glarner Landammann Benjamin Mühlemann (FDP) anlässlich der Präsentation des Budgets seines Kantons.
Der Budgetprozess habe in einem «äusserst schwierigen Umfeld mit vielen unbekannten Faktoren stattgefunden», teilte der Kanton Thurgau zu seinem Voranschlag 2023 mit. Dazu zählten die ungewisse Situation in der Ukraine oder die Sicherheit der Energieversorgung.
«Es ist schwierig, angesichts so vieler Krisen ein Budget zu erstellen», räumte die Waadtländer Finanzministerin Valérie Dittli Ende September ein.
Die Regierungen bemühten sich, die Lage so gut wie möglich zu antizipieren, sagte Nathalie Fontanet, Vizepräsidentin der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK) und Genfer Finanzministerin, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Sie haben aber nicht immer die Möglichkeit, direkt auf alle auftretenden destabilisierenden Faktoren einzuwirken.» Die Problematik bestehe darin, dass sich deren Auswirkungen auch kumulieren könnten.
Grosse Unterschiede zwischen Kantonen
Die Spannbreite zwischen den Kantonen ist gross, wie der Blick auf die bisher vorliegenden 23 (24) Voranschläge für 2023 zeigt. 13 (14) Kantone schreiben voraussichtlich rote Zahlen. Am meisten Geld fehlt mit 568 Millionen Franken im Kanton Zürich. Genf rechnet mit einem Minus von 420 Millionen Franken, die Waadt mit minus 227 Millionen Franken.
Am besten steht wie beinahe immer der Kanton Zug da, mit einem erwarteten Überschuss von über 250 Millionen Franken. Basel-Stadt will 66 Millionen Franken mehr einnehmen als ausgeben. Das budgetierte Plus von 114 Millionen im Kanton Bern ist durch den wahrscheinlichen SNB-Ausfall stark infrage gestellt.
Viele Kantone haben ihre Prognosen denn auch bereits revidiert: Zürich rechnete noch Anfang September erst mit einem Minus von 113 Millionen Franken. Ende September stieg das Defizit auf 568 Millionen Franken. Trotzdem gewährt der Kanton seinen Angestellten einen Teuerungsausgleich von 3,5 Prozent, was mit einem Aufwand von rund 75 Millionen Franken zu Buche schlägt.
Auch für FDK-Vizepräsidentin Nathalie Fontanet ist der drohende Wegfall der SNB-Gelder nicht zu unterschätzen. «In Krisenzeiten wird das die Budgets beeinflussen. Die von einigen Kantonen bereits ausgewiesenen Defizite verschärfen sich und das von anderen Kantonen erreichte fragile Gleichgewicht wird infrage gestellt.»
Kaufkraft der Haushalte sichern
Für Nils Soguel, Direktor des Hochschulinstituts für öffentliche Verwaltung (IDHEAP), ist die Aufrechterhaltung der Kaufkraft eine Möglichkeit, in der Ausgabenpolitik auf Kontinuität zu setzen und den Kurs trotz vieler Unwägbarkeiten im Jahr 2023 grundsätzlich nicht zu ändern, wie er gegenüber Keystone-SDA sagte. Damit könnten die Kantone eine gewisse Akzeptanz schaffen für den Umstand, dass die Ausgaben in einem Klima erhöhter Unsicherheit weiter wachsen.
Es gelte aber auch, zu relativieren, wie etwa der Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth (Die Mitte) bei der Vorstellung der Budgetzahlen betonte. Ohne die negativen Sondereffekte wäre der Voranschlag «nahezu ausgeglichen». Daher brauche es keine überstürzten Massnahmen.
Der Aargauer Regierungsrat will den Fehlbetrag von knapp 200 Millionen Franken mit Millionen aus der Bilanzausgleichsreserve decken. In diesem «Sonderkässeli» für schlechte Zeiten liegen derzeit 722 Millionen Franken.
Gleiches Prozedere auch im Kanton Nidwalden, der mit einem Fehlbetrag von 16,7 Millionen Franken rechnet. Wie viele andere Kantone kann er das Loch mit noch reichlich vorhandenen Reserven stopfen. Nidwalden hat ein Eigenkapital von 314 Millionen Franken.
(SDA)