Am 1. Januar führt das EU-Land Kroatien den Euro anstelle der Landeswährung Kuna ein. Zugleich tritt das Land an der Adria der grenzkontrollfreien Schengen-Zone bei.
Millionen Urlauber aus der EU müssen nun kein Geld mehr tauschen und ersparen sich Wechselkursverluste. Zudem fallen oft stundenlange Wartezeiten an den slowenisch-kroatischen Grenzübergängen weg.
Kroatien trat 2013 der EU bei. Für die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung musste es eine Reihe von Bedingungen erfüllen. Der Wechselkurs ist festgelegt: ein Euro entspricht 7,5345 Kuna. Bis zum 14. Januar besteht eine Übergangsfrist, in der noch in beiden Währungen bezahlt werden kann. Kuna aus dem letzten Urlaub können bis Ende 2023 bei Banken in Kroatien gebührenfrei umgetauscht werden – bis zu jeweils 100 Münzen und Scheinen pro Transaktion.
Zwanzigstes Euro-Land
Der Euro-Beitritt Kroatiens treibt die Produktion von Münzen im gemeinsamen Währungsraum in die Höhe. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den 19 Eurostaaten sowie Kroatien für 2023 die Herstellung von Geldstücken im Gesamtvolumen von fast 2,6 Milliarden Euro genehmigt. Kroatien plant demnach Euro-Münzen im Gesamtumfang von rund 316 Millionen Euro – überwiegend für den täglichen Gebrauch.
Zuletzt führte Litauen 2015 den Euro ein, Kroatien wird das 20. Euro-Land sein. Nach den EU-Verträgen sind alle Mitgliedsstaaten bis auf Dänemark zum Beitritt zur Gemeinschaftswährung verpflichtet, sobald sie die Voraussetzungen erfüllen. Mehrere Staaten verfolgen dies aber nicht mit Nachdruck – etwa Schweden, Polen und Ungarn. Die Schengen-Zone wurde zuletzt 2011 erweitert um den nicht zur EU gehörenden Kleinstaat Liechtenstein.
Hohe Erwartungen im Fremdenverkehr
Vor allem der Fremdenverkehr hat hohe Erwartungen. Das Land mit der langen Adriaküste und den vielen malerischen Buchten und Inseln lebt stark vom Tourismus. 16 Millionen ausländische Urlauber verzeichnet die Statistik für die ersten elf Monate 2022, darunter mehr als 3 Millionen Deutsche und jeweils mehr als eine Million Österreicher, Slowenen und Polen.
Noch nie war eine Euro-Einführung von derartigen weltwirtschaftlichen Verwerfungen begleitet wie aktuell. Russlands Krieg in der Ukraine, gestiegene Energiekosten und Lieferprobleme im Zuge der Corona-Pandemie erwiesen sich europaweit als Inflationstreiber. Mit 13,5 Prozent lag die Teuerungsrate in Kroatien im November etwas über dem EU-Schnitt von 10,1 Prozent.
Die Einmalwirkung durch die Euro-Einführung bezifferte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis aufgrund früherer Erfahrungen auf 0,1 bis 0,3 Prozentpunkte. Mittelfristig werde sich das aber durch niedrigere Währungsumrechnungskosten und niedrigere Zinssätze ausgleichen. Prognosen zufolge soll die Inflation 2023 auf 5,7 Prozent sinken.
Bange Erwartung
Die Kroaten gehen wiederum von ihrer eigenen Lebenserfahrung aus und rechnen damit, dass Handel und Dienstleister bei der Umrechnung «aufrunden» werden, wo sie nur können. Die Beliebtheit der Euro-Einführung hält sich deshalb in Grenzen. Nach einer Umfrage vom April sind 55 Prozent der Bürger für den Euro, 42 Prozent lehnen ihn ab.
Dabei leben die Kroaten seit Jahrzehnten in einem doppelten Währungssystem. Seit Millionen von ihnen ab den 1970er-Jahren als Gastarbeiter in den Westen – häufig nach Deutschland – zogen und Urlauber in Massen an die Adria strömten, ist es üblich, Immobilien, Autos oder andere hochpreisige Güter in D-Mark und dann in Euro zu bezahlen.
Die Kroaten feiern zwar gerne, aber wegen der eher verhaltenen Akzeptanz der Euro-Einführung sieht die Regierung von Ministerpräsident Andrej Plenkovic von grossen Feierlichkeiten ab. Finanzminister Marko Primorac und Nationalbank-Gouverneur Boris Vujcic werden in den ersten Minuten des neuen Jahres an einem Geldautomaten in der Zagreber Innenstadt einige Euro abheben. Ansonsten werden die Kroaten Silvester feiern wie jedes Jahr.
(awp/mth)