Zu Beginn der ersten Corona-Welle 2020 sackte der Kupferpreis im Tief auf 4617 US-Dollar je Tonne ab. Bereits Anfang 2021 hatte er sich aber wieder auf über 8000 Dollar erholt. Seither erreichte er im Hoch 10'730 Dollar, wobei seit Anfang 2023 die Bandbreite bei 8500 bis rund 9400 Dollar lag. Derzeit kostet die Tonne des Industriemetalls 8870 US-Dollar (Stand Donnerstagmittag).
Kupfer als Frühindikator
Kupfer, auch gerne "Dr. Copper" genannt, wird oft als Frühindikator für die Wirtschaftsentwicklung angesehen. Denn es wird in vielen Branchen wie der Elektroindustrie, der Baubranche oder für Computerplatinen verwendet. Stimmt hier die Nachfrage, geht es der Weltwirtschaft gut.
Der Ruf als "Konjunkturmetall" wird von gewissen Experten inzwischen allerdings auch kritisiert. Einerseits nennen sie die teils schwindende Bedeutung von "Dr. Copper" für die Industrie. Andererseits weisen sie darauf hin, dass die Industrie im Vergleich zum Dienstleistungssektor einen immer kleineren Teil zur Gesamtleistung der Wirtschaft beitrage.
Valentino Guggia, Ökonom bei der Migros Bank, bestätigt im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP, dass der Ruf als Konjunkturmetall auch in den letzten Monaten erneut gelitten hat. So sei der Kupferpreis im November trotz des angespannten Konjunkturumfeldes rasch und stark angestiegen. Der Trend habe sich bis Januar fortgesetzt. Seither habe man zwar einen leichten Rückgang festgestellt, doch notiere er weiter auf einem hohen Niveau.
Diese ungewöhnliche Entwicklung lasse sich auf drei Hauptursachen zurückführen: Erstens sei aufgrund der Pandemie die Abbautätigkeit zwischenzeitlich reduziert worden. Zweitens lägen Abbau und Verarbeitung des Kupfers häufig nicht am gleichen Ort. Dementsprechend hätten Lieferkettenstörungen und höhere Treibstoffpreise die Kupfernotierungen zusätzlich befeuert.
Produktionsunterbrüche in Lateinamerika
Und schliesslich gebe es auf der Angebotsseite erneut Störungen in der Produktion in Südamerika, die sich preissteigernd auswirkten. Migros Bank-Ökonom Guggia erwähnt etwa Produktionsunterbrüche infolge schwerer Proteste in Peru. Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen ergänzt, dass es auch in Chile Probleme gibt. Im weltweiten Top-Produzentenland fiel die Produktion im Februar daher auf das niedrigste Niveau seit 2017.
Die dortige Produktionsschwäche basiere auf einen abnehmenden Erzgehalt, einer Wasserknappheit sowie auf operativen Problemen, betont Nguyen. Die chilenische Kupferkommission rechne 2023 zwar dennoch mit einem Produktionsplus von rund 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr, das in erster Linie durch eine Erholung in den zwei grössten Minen des Landes getrieben werden solle. Doch zeichnen viele Experten ein pessimistischeres Bild.
Auch längerfristig könnte die Situation auf der Angebotsseite schwierig bleiben, ergänzt UBS-Mann Dominic Schnider. Zwar redeten die Experten beim Kupfer seit Jahren von einem kommenden Angebotsschub. Materialisiert habe sich dieser bisher nicht. Immer wieder gebe es vor allem in Südamerika Streiks oder technische Probleme.
Und längerfristig werde die Lage nicht besser, müssten neue Vorkommen des Metalls doch oft in schwierigen geographischen Lokationen erschlossen werden. "Neben teils hohen Höhenlagen fehlt es dort an Wasser, was die Förderung verkompliziert", erklärt Schnider.
Längerfristiges Aufwärtspotential
Kombiniert man Angebots- und Nachfragefaktoren, so besteht bei Rohstoffen wie dem Kupfer preislich daher weiterhin ein Aufwärtspotential, schreibt Ole Hansen von der dänischen Saxo Bank. Hauptgrund hierfür ist langfristig die Energiewende, etwa im Automobilbereich. "Elektrofahrzeuge etwa enthalten viel mehr Kupfer als Verbrenner", führt UBS-Analyst Schnider aus.
Auf kürzere Frist wirke sich hingegen der aktuelle Aufschwung in China positiv auf die Nachfrage aus. Schnider erklärt, dass rund 55 Prozent der Nachfrage nach Kupfer aus dem "Reich der Mitte" der Mitte komme. Und die Chinesen würden nach ihrem langen Corona-Lockdown wieder reisen, sie konsumierten wieder, die Wirtschaft stehe somit vor einem Schub. Umgekehrt stünden die Zeichen in den USA zwar auf Konjunkturabschwung, doch stamme nur etwa 7,5 Prozent der weltweiten Kupfernachfrage von dort.
Bei der UBS ist man daher "bullish", was den Ausblick für den Kupferpreis anbelangt. Der Preis von Kupfer pro Tonne könne in den kommenden Monaten wieder auf 10'000 US-Dollar steigen und diesen Schwellenwert bis Ende Jahr gar knacken, sagt Schnider. Auch bei der Migros Bank ist immerhin von einem "sanften Rückenwind" für den Kupferpreis auf absehbare Zeit die Rede.