"Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine gelten aber die grössten Sorgen derzeit den Mitarbeitern vor Ort", sagte Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher. Die Unternehmer mit lokalen Mitarbeitern stünden mit diesen ständig in Kontakt, um deren Nöte zu verstehen und beispielsweis auch bei der Organisation der Flucht zu helfen.
Es gebe allerdings nur eine knappe Handvoll Betriebe mit Produktionsstätten in der Ukraine und diese hätten alle den Betrieb eingestellt, allein schon weil die männlichen Mitarbeiter für die Verteidigung des Landes eingezogen worden seien.
Nebst Kriegsfolgen bleibt Covid ein potentieller Störfaktor
Darüber hinaus entstehen laut Brupbacher durch den Krieg aber natürlich neue Unsicherheiten, welche die Nachfrage nach Investitionsgütern abschwächen könnten. Nebst einer drohenden Abkühlung der globalen Konjunktur könnte sich der Schweizer Franken weiter aufwerten und steigende Preise für Energie und Rohmaterialien könnten auf die Gewinnmargen drücken. Und auch die Pandemie könnte weiterhin für negative Überraschungen sorgen. Für konkrete Vorhersagen, wie ich die Situation entwickeln werde, sei es aber noch zu früh.
Der Krieg in der Ukraine trifft die Branche in einer Erholungsphase. Die Zahlen der Unternehmen waren sowohl für das Gesamtjahr 2021 stark wie auch für das Schlussquartal. So kamen die Umsätze im vierten Quartal erstmals wieder über dem Vor-Corona-Niveau zu liegen. Die Umsätze stiegen im Schlussquartal um knapp 10 Prozent und die Auftragseingänge gar um beinahe 16 Prozent. Letztere liegen nun deutlich über dem Vorkrisenniveau.
Entsprechend präsentieren sich auch die kurzfristigen Aussichten - von möglichen Kriegsauswirkungen abgesehen - für die MEM-Industrie eigentlich vielversprechend. Die Einkaufsmanagerindizes sowohl in den USA als auch in Europa befinden sich laut Brupbacher auf einem sehr hohen Niveau. "Die Erwartungen der Unternehmen sind zudem gemäss unserer Umfrage für die nächsten zwölf Monate positiv."
Der Direktor weist allerdings auch darauf hin, dass das Bild im Schlussquartal 2021 uneinheitlich sei. So legten die Exporte der Werkzeug- und der Textilmaschinen deutlich im zweistelligen Bereich zu, während Zulieferer von Teilen für die Automobilindustrie und Hersteller von Kunststoffmaschinen einen zweistelligen Rückgang hinnehmen mussten.
Engpässe in Lieferkette als mögliche Bremsklötze
Insgesamt sei man in der MEM-Industrie für die kommenden Monate dennoch grundsätzlich zuversichtlich. Das Hauptproblem bei der Abarbeitung des hohen Auftragsbestands der Unternehmen sei die Problematik der Engpässe in der Lieferkette. Die Unternehmen erwarteten hier per Saldo eine Entspannung erst in der zweiten Jahreshälfte.
Sorgen macht sich der Verband wegen des EU-Forschungsprogramms "Horizon Europe", von dem die Schweiz derzeit ausgeschlossen ist. "Die Forschung ist nicht nur für die Pharmaindustrie und die Hochschulen wichtig, sondern auch für die MEM-Industrie", erklärte Swissmem-Präsident Martin Hirzel. Das Zentrum für Innovationen in der Industrie befinde sich nicht in den USA sondern in der DACH-Region, also den deutschsprachigen Ländern, und in Norditalien.
Er fordert entsprechend vom Bundesrat, dass dieser alles Mögliche für einen Wiederanschluss der Schweiz an "Horizon Europe" unternehme. Denn die vom Bundesrat versprochene Unterstützung bei der Forschung sei kein Ersatz für die grenzüberschreitende Interaktion unter den Unternehmen. Hirzel begrüsst grundsätzlich den vom Bundesrat vor kurzen präsentierten Ansatz für sektorielle Verhandlungen mit der EU.