Mercedes-Benz will den Absatz von Elektroautos mit einem eigenen Stromtankstellennetz ankurbeln. Bis Ende des Jahrzehnts sollen in Nordamerika, Europa, China und anderen Kernmärkten mehr als 10.000 Schnellladestationen errichtet werden, wie der Autobauer am Donnerstag auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas ankündigte.
Die USA und Kanada sind die ersten Länder, wo die Marke mit dem Stern ab diesem Jahr mit dem US-Partner MN8 Energy eigene Ladestationen aufbaut. Die beiden Unternehmen teilen sich je zur Hälfte die Investitionskosten von gut einer Milliarde Euro. Für das weltweite Netz kalkuliere Mercedes-Benz mit einem niedrigen einstelligen Milliardenbetrag, erklärte Konzern-Chef Ola Källenius.
«Das ist ein weiterer Baustein unserer strategischen Reise», sagte Källenius mit Verweis auf den geplanten Ausbau des E-Auto-Angebots. Das Unternehmen wolle mit den Ladestationen, die allen Herstellern zugänglich sind, Mercedes-Kunden aber Vorteile bieten, Autokäufern den Umstieg auf E-Autos erleichtern. «Wir wollen nicht zusehen und abwarten, bis es gebaut ist. Daher errichten wir selbst ein globales Schnellladenetz.»
Auf Subventionen baue das Geschäftsmodell, das binnen fünf bis sieben Jahren profitabel sein soll, nicht auf. Gleichwohl prüfe Mercedes, ob man das Förderpaket der US-Regierung, den in der EU umstrittenen Inflation Reduction Act, nutzen könne, sagte Technikchef Markus Schäfer.
Reichweitenangst überwinden
Der Mangel an Lademöglichkeiten und damit die Sorge, mit leerer Batterie liegenzubleiben schreckt viele Menschen vom Umstieg auf Elektroautos noch ab. In den USA freunden sich die Verbraucher langsamer als in Europa mit E-Autos an. Das Mercedes-Ladestellennetz sei ein Beitrag, um Reichweitenangst abzubauen, sagte MN8-Energy-Chef Jon Yoder. In Nordamerika seien bis 2027 mehr als 400 Ladeparks mit über 2500 High-Power-Chargers (HPC) geplant. Sie sollen allen Automarken offenstehen, Mercedes-Kunden können aber gegen Entgelt reservieren und ohne Wartezeit an die Reihe kommen. Standorte werden in grossen Städten oder Ballungsgebieten gesucht - dort, wo sich Mercedes-Kunden gerne aufhielten, etwa bei Luxus-Einkaufsmeilen.
Für Europa laufen die Gespräche mit Partnern noch, sagte Källenius. Das eigene Ladenetz solle den Anbieter Ionity, den deutsche Autohersteller mit Partnern 2017 für Schnellladesäulen an Autobahnen gründeten, ergänzen. Ionity betreibt inzwischen rund 430 Standorte in zwei Dutzend europäischen Ländern und peilt bis 2025 mehr als 1000 Stationen mit rund 7000 Ladepunkten an. Verglichen mit dem Bedarf in Europa ist das wenig: Das Beratungsunternehmen McKinsey beziffert ihn für 2030 auf mindestens 3,4 Millionen Ladepunkte. Der Autoherstellerverband ACEA hält doppelt so viele für notwendig. Die Infrastruktur werde in den kommenden Jahren von vielen Akteuren, darunter auch den Mineralölkonzernen, vorangetrieben, sagte Källenius.
Auch die Volkswagen-Töchter Audi und Porsche haben damit begonnen, unter eigener Marke Stromtankstellen anzubieten. Audi testet in Nürnberg und Zürich Ladestationen, die mit eigener Lounge eine Raststätte bieten. Porsche eröffnete zusammen mit dem spanischen Energieversorger Iberdrola die ersten von 35 geplanten Schnellladestationen in Spanien.
(reuters / rul)