Interne Abklärungen hätten ergeben, dass es bei der Genossenschaft Migros Aare zu nicht reglementskonformen Abläufen und Interessenskonflikten gekommen ist, teilt das Unternehmen mit. Deshalb tritt Anton Gäumann, der langjährige Geschäftsleiter, Mitte November vorzeitig in den Ruhestand.
Laut einem Communiqué der Migros Aare führten die Verwaltung und Gäumann bereits seit einiger Zeit Gespräche über eine personelle Erneuerung an der Spitze. Dies mit Blick auf eine vorzeitige Pensionierung Gäumanns. Der Geschäftsführer, im Amt seit 2016, ist 61 Jahre alt.
«Compliance-relevant»
Nun wird diese Erneuerung vorgezogen. Die internen Abklärungen hätten Hinweise auf «Compliance-relevante»Vorgänge ergeben, heisst weiter. Die Rede ist auch von nicht vollständig gemeldeten Interessenskonflikten. Im Interesse der Migros-Gemeinschaft habe Gäumann die Verantwortung für diese Vorgänge übernommen.
Er gehe «in gegenseitigem Einvernehmen» in Pension und gebe alle Mandate in der Migros-Genossenschaft ab.
Worum geht es? Auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA teilte die Medienstelle mit, laut den internen Regeln müssten mögliche Interessenskonflikte in jedem einzelnen Fall gemeldet werden. «Diese Meldung erfolgte bei der als Rechtsanwältin tätigen Ehefrau von Anton Gäumann nicht vollständig.» Die Migros Aare habe in den vergangenen Jahren Gäumanns Ehefrau als Expertin beigezogen.
Gäumann trage als Geschäftsleiter auch die Verantwortung dafür, dass bei der Freigabe von Rechnungen reglementskonform vorgegangen werde. Das sei bei einzelnen Rechnungen nicht der Fall gewesen. Die Abklärungen fanden laut der Medienstelle unter Einbezug externer Experten statt und sind abgeschlossen.
Gemäss heutigem Kenntnisstand seien keine finanziellen Nachteile für die Migros entstanden. Gäumanns Stellvertreter Reto Sopranetti übernimmt am 15. November die operative Führung der Migros Aare.
Reto Sopranetti übernimmt
Die Migros Aare ist nach Angaben von 2019 die umsatzstärkste aller zehn regionalen Migros-Genossenschaften. Sie ging 1998 aus dem Zusammenschluss der Genossenschaften Bern und Aargau/Solothurn hervor und ist in diesen Kantonen tätig. Sie ist nach eigenen Angaben auch die grösste private Arbeitgeberin der drei Kantone.
Gäumann arbeitet seit 35 Jahren für die Migros Aare, welche ihren Sitz im bernischen Schönbühl hat. Laut Thomas Aebersold, dem Präsidenten der Verwaltung der Migros Aare, hat Gäumann in den 35 Jahren seiner Tätigkeit für das Unternehmen grosse Verdienste erworben.
Die Migros Aare steigerte 2020 den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr, er nahm um 1,4 Prozent auf 3,4 Milliarden Franken zu. Der Gewinn hingegen sank wegen der Corona-Pandemie um 79 Prozent auf 5,3 Millionen Franken. Im Jahresdurchschnitt 2020 beschäftigte die Migros Aare 11’586 Angestellte in 7464 Vollzeitstellen.
Gäumanns Nachfolger als operativer Leiter, Reto Sopranetti, ist 57-jährig und übernimmt den Chefposten interimistisch. Er arbeitet seit über 25 Jahren für die Migros Aare. Das GL-Amt wird er zusätzlich zu seiner aktuellen Verantwortung als Leiter der Direktion Retail (Supermarkt, Fachmarkt, Gastronomie) führen.
«Wir können weiter gehen als Amazon»: Wie Migros-Aare-Chef Anton Gäumann seine Wachstumsfabrik führt. Und dabei einen grösseren Wurf wagen will als Amazon mit Prime.
(sda – rap)
1 Kommentar
Schade um die Migros. Die Schlagzeilen der letzten Wochen waren durchs Band negativ. Und damit ist nicht der Geschäftsverlauf gemeint.
Es geht darum, dass die Migros ihre Seele verliert - resp verkauft.
Dass Manager vergessen, was recht und richtig ist, dazu braucht es nicht 35 Jahre in einer Firma. Da reicht viel weniger - siehe illustre Beispiele bei den Banken.
In dem Sinne ist zu begrüssen, dass im Fall Gäumann schnell durchgegriffen wurde und offen kommuniziert wurde. Chapeau.
Bedauerlicherweise will Sopranetti den Chef-Posten im Nebenamt führen. Eine völlige Fehleinschätzung der Lage.
Denn Kollege Gäumann hat im Bereich Internet eine ganze Salve von (sehr) teuren Projekten gestartet, welche tw in völligem Wildwuchs treiben und kosten. Da muss aufgeräumt werden - aber im Nebenamt geht das nicht.
Bedauerlicherweise hat Gäumann 35 Jahre für den Betrieb "gelebt" - aber wie so oft am Schluss jegliches Augenmass und jede Vernunft verloren.
Egal, einen goldenen Fallschirm kriegt er sicher.
Dabei würde das Geld benötigt die Onlinebaustellen
zu bereinigen. Alles schade und schädlich für die Migros.