Nach neuneinhalb Stunden Debatte, verteilt über drei Sitzungstage, hat der Nationalrat am Donnerstag das Bundesbudget für das kommende Jahr genehmigt. Gegenüber der Vorlage des Bundesrats nahm er nur wenige Änderungen vor. Die Schuldenbremse wird deutlich eingehalten.
Der Voranschlag, den der Bundesrat dem Parlament unterbreitet hat, sieht ordentliche Einnahmen von 79,8 Milliarden Franken sowie Ausgaben von 80,5 Milliarden Franken vor. Daraus ergibt sich ein ordentliches Finanzierungsdefizit von rund 669 Millionen Franken.
Gemäss den Regeln der Schuldenbremse wäre aufgrund der konjunkturellen Lage ein Minus von bis zu 878 Millionen Franken möglich. Der Nationalrat nutzte diesen Spielraum während seiner Beratungen aus und erhöhte die Ausgaben um rund 15 Millionen Franken. Der Spielraum beträgt so noch 194 Millionen Franken.
Mehr Geld für Herdenschutz
Mit den Budgetaufstockungen will die grosse Kammer die Absatzförderung von Schweizer Wein verstärkt fördern, den Herdenschutz ausbauen, einheimische Nutztierrassen vermehrt schützen, die Staffel-Weltmeisterschaften 2024 in Lausanne unterstützen und die Meldestelle für Ethikverstösse im Sport mit etwas mehr Geld versorgen.
Der Nationalrat folgte in der traditionell angeregten Debatte in allen Punkten seiner vorberatenden Finanzkommission (FK-N). Nur einmal - beim Posten zu den Nutztierrassen - setzte sich eine Kommissionsminderheit durch. Alle Kürzungsanträge der SVP und auch weitere Aufstockungsanträge der Ratslinken scheiterten.
In der kommenden Woche ist dann auch der Ständerat gefragt. Seine Finanzkommission beantragt in weiteren Teilen dieselben Aufstockungen, die der Nationalrat genehmigt hat. Anders als die grosse Kammer will die Ständeratskommission die Mittel für die Beschaffung der Covid-19-Impfstoffe kürzen. Hier könnte es eine Differenz geben.
Dunkle Wolken am Horizont
Klar ist, dass Mitte Dezember ein Budget stehen muss, das die Regeln der Schuldenbremse einhält. Dieses Jahr dürfte das ohne Probleme und grosse Streitereien über die Bühne gehen. Künftig könnte dies aber ändern. Die finanziellen Perspektiven für den Bundeshaushalt sind düster. In der allgemeinen Aussprache zu Beginn der Budgetdebatte am Dienstag mahnten vor allem bürgerliche Politikerinnen und Politiker zu Ausgabendisziplin.
Kommissionssprecherin Anna Giacometti (FDP/GR) wiederholte, was Finanzminister Ueli Maurer seit Monaten immer wieder predigt: "Es besteht dringender Bereinigungsbedarf." Bundesrat und Parlament müssten sofort handeln. Im schlechtesten Fall könnte das Finanzierungsdefizit bis 2026 auf sieben Milliarden Franken steigen, wie Finanzminister Maurer im Sommer warnte.
Die Landesregierung will im nächsten Frühling Massnahmen im Hinblick auf das Bundesbudget 2024 vorlegen. Steuererhöhungen sind laut Giacometti keine Option, weil es dafür eine Verfassungsänderung bräuchte. Die Ansichten, wie auf die schwierige Haushaltslage reagiert werden soll, gehen je nach Fraktion aber deutlich auseinander. Die Diskussionen dürften im kommenden Jahr weitergehen.
Mehr Mitsprache gefordert
Neben dem Voranschlag 2023 und dem Finanzplan 2024 bis 2026 beschäftigen sich die Räte in der laufenden Wintersession auch mit den Nachtragskrediten für das zu Ende gehende Jahr. Der Nationalrat genehmigte als Erstrat sämtliche vom Bundesrat beantragten Nachtrags- und Zusatzkredite sowie die Nachmeldungen.
Die Nachtragskredite belaufen sich auf insgesamt knapp 1,8 Milliarden Franken und betreffen in erster Linie die Migration aufgrund der Ukraine-Krise (1,2 Milliarden Franken), das Reservekraftwerk im aargauischen Birr (191 Millionen Franken) und die Passivzinsen (135 Millionen Franken). 100 Millionen Franken sind zudem für die Winterhilfe in der Ukraine vorgesehen.
Künftig wollen die Finanzkommissionen früher einbezogen werden, wenn grössere, neue Ausgaben anstehen - und Einfluss nehmen. Die Nationalratskommission arbeitet an einer entsprechenden Vorlage. Heute können die Finanzkommissionen nur dann Anträge stellen, wenn die Mehrausgaben vom Bundesrat kommen.
(SDA)