Nordkorea bereitet sich den Vereinten Nationen zufolge auf seinen ersten Atomtest seit 2017 vor. Zuletzt seien Bauarbeiten an einer unterirdischen Testanlage im Norden des Landes beobachtet worden: «Die Arbeiten am Atomtestgelände Punggye-ri ebnen den Weg für weitere Atomtests zur Entwicklung von Atomwaffen», hiess es in einem bislang vertraulichen UN-Expertenbericht, der der Deutschen Presse-Agentur in Teilen vorlag.
Satellitenaufnahmen liessen darauf schliessen, dass Nordkorea sein Stollen-Netzwerk in Punggye-ri instand setze sowie 2018 im Zuge von Verhandlungen mit den USA abgerissene Gebäude auf dem Gelände wieder aufbaue. Nach Angaben des UN-Berichts, der den Zeitraum der vergangenen Monate abdeckt, wurden zudem die Kapazitäten zur Produktion von spaltbarem Material in der nordkoreanischen Atomanlage Yongbyon hochgefahren.
Sechs Testexplosionen zwischen 2006 und 2017
Seit Monaten befürchten Beobachter, dass nach zahlreichen Raketentests der erste Atomtest von Machthaber Kim Jong Un seit knapp fünf Jahren bevorstehen könnte. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte bereits im Juni auf Aktivitäten in Punggye-ri verwiesen. Nordkorea hatte dort zwischen 2006 und 2017 sechs Testexplosionen durchgeführt.
Das Land erlaubt keine internationalen Inspektionen vor Ort. Nordkorea feuerte unter Verstoss gegen UN-Sicherheitsratsresolutionen in diesem Jahr nach UN-Angaben bereits über 30 ballistische Raketen ab - darunter mehrere Interkontinentalraketen.
António Guterres: «Zeit nuklearer Gefahr»
UN-Generalsekretär António Guterres hatte erst am Montag auch angesichts von Nordkoreas Atomprogramm davon gesprochen, die Welt befinde sich in einer «Zeit nuklearer Gefahr, wie es sie seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges nicht mehr gegeben hat». Die Menschheit laufe Gefahr, die Lehren von Hiroshima und Nagasaki zu vergessen. «Heute ist die Menschheit nur noch ein Missverständnis, eine Fehlkalkulation von der nuklearen Vernichtung entfernt.»
Nordkorea finanziert sein Atomprogramm den UN-Experten zufolge weiterhin mit Hackerangriffen, bei denen Computer-Spezialisten durch Datenklau Geld nach Pjöngjang schleusen. Sie hätten «Hunderte Millionen Dollar» in Kryptowährungen erbeutet. Entgegen der UN-Sanktionen gegen die Autokratie exportiere das Land ausserdem Kohle.
Kim Jong Un will Druck auf den Westen ausüben
Kim Jong Un will mit den Raketentests und seinem Atomprogramm den Druck auf die Weltgemeinschaft zum Aufheben der Sanktionen erhöhen. Gleichzeitig liegt die Diplomatie zu den USA seit dem gescheiterten zweiten Gipfeltreffen Kims mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump im Februar 2019 brach. Nordkorea machte daraufhin mehrfach deutlich, an neuen Gesprächen nicht interessiert zu sein, solange Washington keine neuen Vorschläge unterbreite.
Im UN-Sicherheitsrat waren die USA im Mai mit einer Resolution für schärfere internationale Sanktionen gegen Pjöngjang gescheitert. Russland und China legten bei der Abstimmung in New York Vetos ein.
(sda/gku)