Das Parlament will mit Rücksicht auf Viehhalter das Ziel bei den Nährstoffverlusten aus der Landwirtschaft tiefer setzen, als es der Bundesrat in einer Verordnung vorsieht. Der Nationalrat hat als Zweitrat eine Motion von Johanna Gapany (FDP/FR) angenommen.

Der Entscheid am Mittwoch fiel mit 93 zu 90 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Im Ständerat war der Vorstoss mit 25 zu 18 Stimmen erfolgreich. Mit dem Ja beider Räte ist nun der Bundesrat am Zug.

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Die noch nicht in Kraft getretene Verordnung sieht vor, dass die Stickstoff- und Phosphor-Verluste in der Landwirtschaft bis 2030 um je mindestens 20 Prozent zurückgehen. Ausgangsbasis sind gemäss der für Anfang 2023 geplanten Verordnungsänderung die Mittelwerte der Jahre 2014 bis 2016. Dies Ziele muss der Bundesrat nun noch einmal überdenken.

Stickstoffziel «nicht umsetzbar»

Das Reduktionsziel beim Stickstoff würde eine Reduktion des Tierbestandes in der Landwirtschaft erfordern, sagte Marcel Dettling (SVP/SZ) im Namen der Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N). In der Vernehmlassung habe eine Mehrheit für eine Reduktion um 10 Prozent bevorzugt. Mehr sei «nicht umsetzbar».

Der Bundesrat habe mit der Verordnung überstürzt gehandelt, so der Tenor im landwirtschaftsaffinen Kreis im Parlament. In der Branche gebe es Unsicherheiten. Viele Bauern hätten sich in den arbeitsintensiven Sommermonaten noch nicht richtig informiert können über die geplanten Neuerungen.

Die Ratslinke setzte sich zusammen mit der GLP und dem Bundesrat für ein Nein ein. Sie argumentierten mit der Glaubwürdigkeit des Parlaments. Die Räte dürften ihre Zusagen im Zusammenhang mit den zwei Pestizid-Initiativen nach dem Nein an der Urne nun nicht wieder infrage stellen.

Biodiversitätsvorgaben bleiben

Eine Mehrheit der WAK-N wollte noch weitergehen und auf den Parlamentsentscheid zu den Biodiversitätsvorgaben zurückkommen. Sie argumentierte damit, dass angesichts der weltweit angespannten Versorgungslage vermehrt auf die inländische Produktion gesetzt werden müsse.

Heute kommen 57 Prozent der Nahrungsmittel in der Schweiz aus einheimischer Produktion – zu wenig, wie Dettling befand. Deshalb sollte der Bundesrat die geplante Mindestvorgabe von 3,5 Prozent an Biodiversitätsförderflächen auf der Ackerfläche rückgängig machen. Diese neue Regel wurde aufgrund des Krieges in der Ukraine bereits um ein Jahr auf 2024 verschoben.

Mit 97 zu 89 Stimmen bei 4 Enthaltungen beschloss der Nationalrat aber, den Richtwert in der Direktzahlungsverordnung nicht zu streichen. Diese Motion von Ständerat Beat Rieder (Mitte/VS) ist damit vom Tisch.

Versprechen einhalten

Die Ratslinke warnte zuvor davor, die dem Volk versprochenen Bio-Vorgaben zu verwässern. Mit der extensiven Landwirtschaft würden dem Boden viele Nährstoffe entzogen, sagte auch Kathrin Bertschy (GLP/BE). Gehe das so weiter, werde die Schweiz künftig noch viel grössere Probleme haben mit der Versorgungssicherheit.

Landwirtschaftsminister Guy Parmelin gab im Parlament zu bedenken, dass die schon anspruchsvolle Arbeit rund um die AP22+ mit weiteren Vorstössen nur verkompliziert werde. Der Bundesrat habe im Sommer klargestellt, dass er eine Selbstversorgung mindestens im heutigen Umfang auch bei wachsender Bevölkerung erhalten wolle und in einem Bericht aufgezeigt, wie dies erreicht werden solle.

Aufgrund der aktuellen Versorgungslage mit Nahrungsmitteln sieht der Bundesrat zurzeit keinen Handlungsbedarf für einen staatlichen Eingriff in die inländische landwirtschaftliche Produktion, wie Parmelin bereits früher ausführte. Sollte sich die Versorgungssicherheitslage derart verschlechtern, dass Massnahmen zur Optimierung der Inlandproduktion notwendig würden, werde der Bundesrat alle ihm zur Verfügung stehenden Optionen prüfen.

(sda/mth)