Vorläufig geht die Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) aber noch von einem Wachstum des Bruttoinlandprodukt (BIP) im laufenden Jahr von 2,8 Prozent und im nächsten Jahr von 1,3 Prozent aus, wie es in einer Mitteilung vom Mittwoch heisst. Bei der letzten Prognose im März hatte das Institut allerdings noch ein Wachstum von 3,0 Prozent für 2022 und von 2,0 Prozent für 2023 vorhergesagt. Mit der Revision nach unten ist die KOF in guter Gesellschaft: Die meisten Institute haben zuletzt ihre BIP-Prognosen gesenkt.
Begründet wird die tiefere Prognose mit einer weltweiten konjunkturellen Eintrübung wegen der Folgen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs. Als grösseres Konjunkturrisiko wird von der KOF insbesondere die Teuerung gesehen. So wird für das laufende Jahr eine Inflation von 2,6 Prozent (bisher: 1,9%) und für 2023 von 1,5 Prozent (0,7%) vorhergesagt. Damit falle die Teuerungsrate hierzulande aber im internationalen Vergleich noch immer relativ gering aus, so die Mitteilung.
Konsum stützt
Gestützt werde die Schweizer Wirtschaft ausserdem durch den inländischen Konsum. Zum einen habe sich das Lohnwachstum überraschend positiv entwickelt, was zusätzliche Konsumanreize setze; zum anderen hätten die Haushalte nach dem coronabedingten "Zwangssparen" noch immer Geld auf der hohen Kante, welches nun ausgegeben werden könne, so die KOF.
Weitere Stützen der Konjunktur seien die stabil wachsende Industrie und die Normalisierung im Dienstleistungssektor. Speziell der Tourismus sehe besseren Zeiten entgegensehen.
Negatives Szenario
Die insgesamt positive Vorhersage für die Gesamtwirtschaft wird aber mit einem grossen "Aber" versehen. Sollte die Inflation in den USA und Europa in diesem Jahr in "unakzeptable Höhen" steigen und "schnelle und starke" Zinsschritte der Notenbanken im Winter erfordern, sehe es deutlich düsterer aus, so die KOF.
In einem solchen Szenario sei ab dem ersten Quartal 2023 mit einer Rezession der Weltwirtschaft zu rechnen. Konkret sei in den USA und der Eurozone mit Abschwüngen während drei bis vier Quartalen zu rechnen. Als Folge davon würde auch die Schweiz in eine Rezession und eine längere Stagnationsphase schlittern.