Bei dem Wirkstoff Tirzepatid zeigte sich bei Patienten eine deutliche Wiederzunahme des Gewichts, wenn sie nach 36-wöchiger Einnahme des Präparats nur noch ein Scheinmedikament erhielten. Das berichtet ein Forschungsteam im Journal «Jama». Bei der zweiten Probandengruppe, die das Medikament weiterhin einnahm, purzelten die Kilos hingegen weiter. Für Fachleute kommen die Ergebnisse nicht überraschend.
Tirzepatid ist laut der Studie bisher etwa in den USA für die Behandlung von Fettleibigkeit zugelassen, in der EU bislang nicht. Dort kann es unter dem Namen «Mounjaro» bisher nur in bestimmten Fällen von Diabetes Typ 2 verwendet werden. Tirzepatid gilt als noch effektiver als der Wirkstoff Semaglutid («Wegovy»), der bislang oft gemeint ist, wenn es um Abnehmspritzen geht. Ähnlich wie bei Semaglutid-Präparaten sollten die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer zusätzlich eine Diät halten und ausreichend körperlich aktiv sein.
An der Studie nahmen 670 Patienten in verschiedenen Ländern teil, die zu Beginn fettleibig oder übergewichtig waren. Nach 36 Wochen hätten sie ihr Gewicht im Schnitt um rund 21 Prozent reduziert, berichtet das Team. Ein Teil der Probanden bekam den Wirkstoff auch im Anschluss und verlor bis Woche 88 der Studie weitere 5,5 Prozent an Gewicht. Einer zweiten Gruppe gaben die Forschenden nach der ersten Phase nur noch ein Placebo: Diese nahm bis zum Studienende wieder deutlich zu. Bei den Probanden wurde aber im gesamten Studienzeitraum immer noch ein Gewichtsverlust von etwa zehn Prozent verzeichnet.
Fünf Studien zeigen Jo-Jo-Effekt
Die Ergebnisse unterstreichen aus Sicht der Studienautoren, dass die Therapie fortgesetzt werden müsse, wenn man eine Wiederzunahme an Gewicht vermeiden wolle. Mindestens fünf Studien zu verschiedenen Medikamentenklassen - einschliesslich der vorliegenden - hätten gezeigt, dass es nach dem Absetzen zu einem deutlichen Jo-Jo-Effekt kommt. Darunter sei auch Semaglutid gewesen. Es würden weitere Studien gebraucht, um den möglichen Langzeitnutzen und -risiken von Kurzzeittherapien zu verstehen.
Die Ergebnisse seien «alles andere als überraschend», sagte Stephan Martin, Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums in Düsseldorf und verwies auf nahezu identische Studienergebnisse bei Semaglutid. Beachten müsse man noch, dass Studienteilnehmer besonders ausgewählt, motiviert und ausserdem in Sachen Lebensstil besonders trainiert worden seien.
Wohl lebenslanger Einsatz nötig
Wegen der geringeren Betreuung in der täglichen Praxis könnten Patienten nach dem Absetzen der Therapie womöglich sogar schneller wieder zunehmen. «Die Studien zeigen somit eindeutig, die 'Wunderspritzen' müssen wohl lebenslang genutzt werden», sagte Martin.
Die Studie zeigt ausserdem, dass Nebenwirkungen relativ häufig sind und meist den Magen-Darm-Trakt betreffen: etwa Übelkeit, Durchfall und Verstopfung. Das ist ähnlich wie bei Semaglutid-Präparaten. Die Schwere wird in der Studie als meist mild bis moderat beschrieben, ausserdem wurden die Nebenwirkungen mit der Zeit seltener. Manche Menschen brachen die Studienteilnahme allerdings auch wegen Nebenwirkungen ab.