Die militant-islamistischen Taliban haben die US-Regierung eindringlich aufgefordert, Reserven der afghanischen Zentralbank freizugeben.
Das Einfrieren afghanischer Vermögenswerte löse keine Probleme und sei auch keine Forderung des amerikanischen Volkes, daher müsse Washington die Reserven freigeben, heisst es in einem am Mittwoch veröffentlichten offenen Brief des amtierenden afghanischen Aussenministers, Amir Chan Mutaki, an den US-Kongress. Er warnte vor Massenmigration in der Region und negative Folgen etwa für Bildung und Gesundheitsversorgung im Land.
Dass ein Kind an Unterernährung leide, eine Mutter wegen mangelnder Gesundheitsversorgung sterbe, gewöhnliche Afghanen Hunger litten oder keine Medikamente hätten, habe keine politische oder logische Rechtfertigung und schade dem Ansehen der USA, da dies eine rein humanitäre Angelegenheit sei, heisst es in dem Brief.
Mit der militärischen Machtübernahme der Taliban Mitte August wurde der Grossteil der Hilfen für Afghanistan eingestellt. Rund neun Milliarden US-Dollar an Reserven der Zentralbank des Landes, die zum grossen Teil in den USA geparkt sind, wurden eingefroren. Davor hatte die Regierung in Kabul laut einem Bericht der Kabuler Denkfabrik Afghanistan Analysts Network jährlich Gelder in Höhe von 8,5 Milliarden US-Dollar an militärischer und ziviler Hilfe erhalten. Damit wurden 75 Prozent der öffentlichen Ausgaben finanziert.
Die bereits zuvor angeschlagene Wirtschaft befindet sich seither in freiem Fall. Es zeichnet sich Hilfsorganisationen zufolge eine schwere humanitäre Krise in dem Land ab. Eine Dürre und der anstehende Winter mit steigenden Preisen verschärfen die Lage weiter.
Die Vereinten Nationen warnten, von November an werde mehr als die Hälfte der Bevölkerung nicht ausreichend zu essen haben. Bisher hat kein Land der Welt die Taliban-Regierung anerkannt.
(sda/gku)