Als die bedeutendste Entscheidung seit der deutschen Wiedervereinigung rühmte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) 1998 die europäische Wirtschafts- und Währungsunion. Die Einführung des Euro sei im ureigensten deutschen Interesse, denn sie festige Europa als Raum wirtschaftlicher Stabilität.

Deutlich mehr Nüchternheit liess der CDU-Politiker gut ein Jahr nach der Euro-Einführung 2003 erkennen. "Eine Volksabstimmung über die Einführung des Euro und die Abschaffung der D-Mark hätten wir mit grosser Wahrscheinlichkeit verloren", räumte Kohl in einem Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk ein.

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Heiss geliebte D-Mark

Denn der Euro-Einführung ging ein schwieriger politischer Kompromiss zwischen Deutschland und Frankreich voraus: Paris billigte die deutsche Wiedervereinigung. Dafür verzichtete Berlin auf die heiss geliebte D-Mark.

Auch noch Jahre nach dem Verschwinden der D-Mark aus den Portemonnaies stiess die europäische Gemeinschaftswährung in Deutschland auf ein gemischtes Echo: Der Ruf eines "Teuro" hallte ihr wegen teils gestiegener Lebenshaltungskosten noch jahrelang nach.

In der Finanz- und Schuldenkrise mehrten sich die Rufe nach einem Ausschluss Griechenlands, das sich den Beitritt zum Währungsraum mit Schönrechnerei erschummelt hatte. "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa", mahnte 2010 dann die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und rechtfertigte so milliardenschwere Rettungspakete als "alternativlos".

Ausdruck europäischer Identität

Heute sei der Euro nicht nur einheitliches Zahlungsmittel, sondern auch Ausdruck europäischer Identität, betonte das Bundesfinanzministerium zuletzt.

Als Konkurrenz zum US-Dollar erdacht, hat der Euro die US-Währung aber nicht ablösen können. In der Corona-Pandemie konnte der Dollar sein Image als sicherer Hafen noch stärken. Der Dollar bleibt mit Abstand internationale Leitwährung. Rund 60 Prozent der Devisen von Zentralbanken sind in Dollar notiert, der Euro steht nur für rund 20 Prozent.

Überlegungen, den Euro zu stärken, seien bisher im Sande gelaufen, sagt ein Verantwortlicher in Brüssel. "Jeder ist einverstanden, wenn es um das Prinzip einer grösseren Rolle für den Euro in der Welt geht - aber über den Weg dorthin besteht keine Einigkeit", sagt er unter Anspielung auf die 27 Mitgliedstaaten.

Digitaler Euro am Horizont

Wenn es nach Christine Lagarde geht, könnte der Euro ein neues Gewand bekommen: Die Chefin der Europäischen Zentralbank treibt die Entwicklung eines digitalen Euro als Ergänzung zum Bargeld voran - in Konkurrenz zu unregulierten Kryptowährungen wie dem Bitcoin, die den Notenbanken ein Dorn im Auge sind.

Währenddessen schlummern weiter viele D-Mark-Münzen und -Noten in Sofaritzen oder auf den Speichern betagter Verwandter. Wer sie findet, muss sich übrigens nicht grämen: Der Umtausch ist zeitlich unbegrenzt möglich, wie die Bundesbank betont.