Wie aus dem ausgehandelten Text für das Kommuniqué hervorgeht, gibt es weiter kein klares Zieldatum für die wichtige Kohlendioxidneutralität und den Ausstieg aus der Kohleverstromung. Statt des erhofften «starken Signals» zum Auftakt der Weltklimakonferenz (COP26) in Glasgow, herrschte bis zuletzt Uneinigkeit. Klimaschützer äusserten sich «enttäuscht», weil die G20-Gruppe für 80 Prozent der Emissionen verantwortlich ist. Während anfangs konkret das Jahr 2050 für «Netto-Null-Emissionen von Treibhausgasen oder Kohlendioxidneutralität» festgeschrieben werden sollte, ist als Ziel nur noch allgemein von «bis oder um die Mitte des Jahrhunderts» die Rede.
Damit ist gemeint, dass nur soviel Emissionen ausgestossen werden wie auch gebunden werden kann. Der Rückzug erfolgte offenbar aus Rücksicht auf China und Russland, die das Ziel erst 2060 anstreben. Indien möchte sich nicht festlegen. Auch gab es keine Einigung mehr auf «sofortiges Handeln», wie es in einem anfänglichen Entwurf noch geheissen hatte. Jetzt ist weniger dringlich von «bedeutungsvollem und wirksamen Handeln» die Rede. Nur allgemein bekräftigt die G20, dass sie weiter den Zielen des Pariser Abkommens verpflichtet seien, die Erderwärmung «deutlich unter zwei Grad zu halten und Bemühungen zu verfolgen, sie auf 1,5 Grad zu begrenzen». Experten halten dafür aber eine deutliche Nachbesserung der Aktionspläne der einzelnen Länder für erforderlich.
Ein Kohleausstieg wurde nicht einmal direkt erwähnt. Auch die Zusage, die Investitionen in Kohlekraftwerke auslaufen zu lassen, blieb wenig konkret. Sollte das ursprünglich «in den 2030er Jahren» geschehen, fehlte im Abschlusskommuniqué die Jahreszahl. Es wird jetzt so schnell wie möglich ins Auge gefasst. Damit könnte Rücksicht wieder auf China oder Indien genommen worden sein, die ihre Stromerzeugung stark auf Kohle stützen und dem Bedarf nur schwer nachkommen. Die G20 bekannte sich aber dazu, bis Ende dieses Jahres im Ausland den Bau der Kohlekraftwerke nicht mehr mit öffentlichen Mitteln zu fördern.
Selbst ein Hinweis auf die alarmierenden Berichte des Weltklimarates, der vor den Gefahren der Erderwärmung gewarnt hatte, wurde im finalen Text mit jüngste Berichte abgeschwächt. Eine erste Formulierung, in den 2030er Jahren eine weitgehend kohlendioxidfreie Stromversorgung anzustreben, fehlt ebenfalls. Vielmehr wird allgemein der Wunsch geäussert, saubere Energien auszubauen.
«Der G20-Gipfel hätte eine Steilvorlage für die UN-Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow werden müssen», sagte Klimaexperte Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. «Das ist nicht gelungen.» Die G20 habe es versäumt, die Unzulänglichkeit ihrer Selbstverpflichtungen unter dem Pariser Abkommen anzuerkennen und sich zur «dringend notwendigen, sofortigen Nachbesserung» zu verpflichten.
(reuters/dhü)