Der Windpark Gotthard habe im vergangenen Jahr lediglich 10,8 Gigawattstunden (GWh) Strom produziert. Das entspreche einer Effizienz von 10,5 Prozent, stellt der Schweizerischer Verband für eine vernünftige Energiepolitik und Raumplanung - Freie Landschaft Schweiz fest.
Die Elektrizitätsgesellschaft Tessin (AET), die zu 70 Prozent am Windpark Gotthard beteiligt ist, bestätigt auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA die Produktionsmenge. Die Zahl sei aber "nicht repräsentativ für die Produktionskapazität" der Anlage.
Volle Kapazität am Gotthard erst seit Herbst
Der Windpark Gotthard habe erst im Spätherbst 2020 den Betrieb aufgenommen. Die erste Jahreshälfte 2021 sei daher genutzt worden für Feinabstimmungen an den Turbinen und die Optimierung der Software zur Steuerung der Produktion und des Eiserkennungssystems, heisst es bei der AET.
Die volle Kapazität des Windparks sei erst im Herbst 2021 erreicht worden. Die Produktionszahlen für die letzten Monate des Jahres entsprächen den Prognosen. Diese gehen von einer Jahresproduktion zwischen 16 und 20 GWh aus, je nach Windverhältnissen, wie AET festhält. Ausserdem sei 2021 im langjährigen Durchschnitt ein relativ windarmes Jahr gewesen.
Der Windpark-kritische Verband rechnet auch vor, dass der Windpark Gries beim Nufenenpass 2021 "nur gerade mal eine Effizienz von 7,1 Prozent" erreicht. Die vier Turbinen hätten lediglich an 622 von möglichen 8760 Stunden Strom produziert. Die neun Turbinen der Windparks am Gotthard und beim Nufenen hätten damit zusammen lediglich 16,5 GWh an Strom produziert. Das seien "lächerliche 0,03 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs".
Geringe Effizienz auch bei Gries Wind
Bei Energie Wasser Luzern (ewl), die einen Anteil von 68 Prozent an der Betreibergesellschaft Gries Wind hält, werden die Angaben zum Windpark am Nufenen auf Anfrage bestätigt. "Keine erneuerbare Technologie weist eine 100-prozentige Effizienz aus. Bei Windparks rechnet man mit gut 2000 Stunden", stellt die Mediensprecherin fest.
Die Verfügbarkeit der 2016 eingeweihten Anlage sei im vergangenen Jahr unterdurchschnittlich gewesen. Eine ganze Reihe von Gründen werden dazu von ewl angeführt: Witterungsbedingt sei der Zugang zur Anlage nicht jederzeit möglich gewesen. Knapp 1000 Stunden an Stillstandszeit seien im Rahmen des Vogel- und Fledermausschutzes entstanden.
Die Windräder seien zudem sehr widrigen Wetterlagen ausgesetzt - der Windpark Gries ist der höchstgelegene Park in Europa. Und schliesslich habe es technische Probleme bei der Blattheizung gegeben. 2022 sollten jedoch 6,5 GWh an Strom produziert werden, so die Mediensprecherin.
Deutlich besser ist die Effizienz der drei grossen Windparks im Jura (Peuchapatte, Mont Crosin - Mont Soleil, St-Brais). Laut Freie Landschaft Schweiz lag diese 2021 bei 22,8 Prozent. Aber "die einzige Schweizer Windkraftanlage, die wirklich vernünftige Produktionszahlen" geliefert habe, seien die drei Turbinen in Martigny VS. Sie weisen eine Effizienz von 25,7 Prozent aus.
Für den Verband Freie Landschaft Schweiz zeigen die Zahlen, dass "die Schweiz nicht über ausreichende Windressourcen verfügt, die einen ernsthaften Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können". Die Windparkgegner kritisieren, neben dem geringen Nutzen der Windenergie auch die durch sie verursachten Schäden für Umwelt und Anwohner.
BFE: Effizienz ist Sache der Betreiber
Nach Ansicht des Bundesamt für Energie (BFE) haben Windkraftanlagen aber den gewichtigen Vorteil, dass sie zwei Drittel des Stroms im Winterhalbjahr produzieren, wenn die Schweiz den Strom braucht. Bau- und Betriebsbewilligungen seien an Auflagen zum Schutz von Umwelt und Natur geknüpft.
Die Effizienz der Windparks ist, wie es beim BFE auf Anfrage heisst, Sache der Betreiber. Diese müssten entscheiden, wie hoch die Effizienz einer Anlage sein müsse, damit sie diese wirtschaftlich betreiben könnten.
Die Vereinigung zur Förderung der Windenergie in der Schweiz (Suisse Eole) schätzt die zu erwartende durchschnittliche Jahresproduktion aller Schweizer Windenergieanlagen auf rund 144 GWh. Laut dem Förderprogramm Energieschweiz des Bundes kommt bisher weniger als 1 Prozent des Schweizer Stroms aus Windenergieanlagen. Damit ist die Schweiz das Schlusslicht in Europa.