Im Münchner Wirecard-Prozess hat Oliver Bellenhaus der Staatsanwaltschaft den zentralen Vorwurf der Anklage umfassend bestätigt: Die angeblichen Milliardenumsätze des 2020 kollabierten Konzerns mit «Drittpartnern» im Mittleren Osten und Asien waren demnach frei erfunden. Dies sei mit verhältnismässig einfachen Mitteln abgelaufen. «Excel. Viel mehr brauchte ich nicht», sagte der Kronzeuge und ehemalige Wirecard-Manager am Mittwoch im Strafprozess vor dem Landgericht München. Mit dem Programm habe er jahrelang tabellenweise Einzelumsätze erfunden, um die von seinen Managern gewünschten Summen zu erreichen.
Der mitangeklagte Ex-Chef Markus Braun habe die Abrechnungen einzeln gebilligt und zudem die unverzichtbare Rolle gehabt, mit seiner Autorität die Fälschungen zu decken.
Auf die explizite Frage des Gerichts, ob es das Drittpartnergeschäft gab, sagte Bellenhaus: «Ich antworte in aller Deutlichkeit: nein.» Der Zahlungsdienstleister hatte im Sommer 2020 Insolvenz angemeldet, weil 1,9 Milliarden angeblich auf besagten Treuhandkonten verbuchte Euro nicht auffindbar waren.
Die «Drittpartner» waren Firmen, die angeblich im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen in Ländern abwickelten, in denen der bayerische Konzern selbst keine entsprechende Lizenz hatte.
Vorstandschef hat einfach unterschrieben
Einziges Ziel sei gewesen, die Bilanzprüfer zu täuschen. «Der Wirtschaftsprüfer brauchte was, und dann entstand die Panik», sagte Bellenhaus. «Es war ein Riesenchaos, es war alles Chaos.» Vorstandschef Markus Braun habe nie nachgefragt, wenn er - gefälschte - Verträge unterschrieb.
Braun, Bellenhaus und der ehemalige Leiter der Buchhaltung sollen laut Anklage seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben.
(SDA/reuters/rul)