Es ist nicht anmassend, zu behaupten, dass eine richtige Uhr ein mechanisches Werk benötigt. Quarzwerke und Minicomputer sind durchaus legitim – sie sind präzis, aber es fehlt die Klasse. Und so bleiben bei den Käufern guter Uhren zwei Typen: der Statusmensch mit Markenanspruch und der Ästhetiker. Wir konzentrieren uns hier auf Letzteren.
Er will abseits der Markenkönige Rolex, Patek und IWC fündig werden. Auch weil sein Budget es verlangt. Die Industrie hat das Bedürfnis in den letzten Jahren erkannt und produziert nun wieder moderne Uhren mit zeitlosem Äusseren. Wir unterscheiden zwischen den fünf Charakteren: Abenteurer, Designer, Hedonist, Pragmatiker und Allrounder.
Der Abenteurer will eine sportliche Uhr mit stabilem Gehäuse, zwei Zeitzonen und einem Werk mit Ausdauer. Dem Bedürfnis wird Certina neuerdings mit der «DS Action GMT Automatic» gerecht. Die Uhr für den Outdoor-Menschen mit Stil. Es gibt sie in drei Designs mit je einem anderen Armband: Leder, Textil oder Stahl.
Das Textilmodell kommt in sportlichem Grün-Schwarz-Kontrast mit weissen Akzenten daher. Allerdings ist die Uhr mit 43 Millimeter Durchmesser eher gross geraten. Im Innern haust dafür das Powermatic- 80-Werk, eine Swatch-Group-Erfindung mit einer phänomenalen Gangreserve von 80 Stunden. Und das für 950 Franken. Wenn das kein Deal ist.
Schlichter Flieger
Was Designertypen verbindet, ist die Affinität für zeitlose Objektgestaltung. Ein Klassiker dieser Kunst ist die Fliegeruhr. Das Design ist alles, was von ihr blieb, denn kein Pilot braucht heute noch auf die Uhr zu schauen. Was das Fliegermodell ausmacht, ist seine Schlichtheit. Marken namen oder Datumsanzeigen haben hier nichts verloren. Es zählt einzig die Lesbarkeit.
Die deutsche Firma Stowa produzierte ab 1940 erste Fliegermodelle. Mit Durchmessern bis 55 Millimeter überragten sie damals bei weitem die Unterarme eines Normalsterblichen. Die Absicht war eher, dass der Kampfpilot die Uhr über dem Jackenärmel anschnallt. Seit 20 Jahren produziert Stowa das Modell wieder im ursprünglichen Design, aber in humanen Grössen zwischen 36 und 43 Millimetern. Die Werke stammen fast alle von der Swatch Group (ETA), und die Preise bewegen sich zwischen 800 und 1700 Euro. Das schönste Exemplar ist wohl die «Flieger 40» mit gebläuten Stahlzeigern, braunem Lederband und ETA-2824-Werk. Bestellbar im Stowa-Onlineshop für 832 Euro.
Für den Hedonisten muss es ein Zeitmesser sein, der zum Anzug geht. Eine Dresswatch. Rolex, Omega, Patek oder Jaeger-LeCoultre gibt es nicht für weniger als 1000 Franken. Doch die B- und C-Marken haben mechanische Modelle hervorgebracht, die optisch inzwischen mithalten können. Die Materialien Stahl und Glas sind hier Pflicht. Sie stehen für Glanz und Stabilität unter dem Ärmelsaum. Hamilton hat seit kurzem ein herausragendes Vintage-Modell mit dem vielversprechenden Namen «Intra-Matic Smoked Dial» im Sortiment. Das Zifferblatt wird von einem kratzfesten Saphirglas bedeckt und erinnert an Whiskey und Zigarrenrauch.
Das «geräucherte» Design sieht tatsächlich aus, als hätte in der Mitte ein Streichholz gebrannt. Das Modell gibt es als 38- oder 42-Millimeter-Version, und es ist ab 825 Franken erhältlich. Im Innern tickt das robuste und präzise Automatikwerk ETA 2892, das flacher ist als das sonst für diese Preisklasse gängige 2824-Werk. Marken wie Omega, IWC, Breitling und Tudor verwenden es gerne in erweiterter Version. Legt man die Uhr ab, läuft sie mit diesem MarkenWerk 42 Stunden lang weiter.
Das Armband ist aus Leder, für die Version mit dem grauen Zifferblatt gibts auch ein Stahlarmband. Die «Smoked Dial» ist Teil der Vintage- inspirierten «American Classic»-Kollektion. Hauptmerkmal dieser Modelle ist das alte Hamilton-Signet, das aus der Zeit stammt, als die Marke noch der Stolz der US-amerikanischen Uhrenindustrie war.
Raffinierter Japaner
Auch den Japanern ist die Uhrmacherkunst nicht fremd. Seiko ist darin seit 120 Jahren sehr erfolgreich. Deren «Presage»- Reihe richtet sich an ein breiteres Publikum mit kleinerem Geldbeutel. Es ist die perfekte Allrounder-Uhr. «Für Fans der Marke ist sie schon seit 2010 ein Geheimtipp», schwärmt Roger Ruegger, Chefredaktor des US-Uhrenmagazins «WatchTime». «Seit der Baselworld 2016 ist sie endlich auch ausserhalb Japans erhältlich.»
Wer mit einem «vergleichsweise einfachen Automatikwerk» zufrieden sei, bekomme hier eine zeitlos elegante Uhr für jeden Anlass. Es gibt sie in mehreren Ausführungen. UnterSammlern sei vor allem die «Cocktail-Serie» begehrt, zum Beispiel mit hellblauem Zifferblatt. In Schweizer Uhrenshops sind «Presage»-Modelle schwer zu finden. Es empfiehlt sich der Onlinekanal, etwa bei Uhrenschmuck24.ch, wo die blaue «Cocktail»-Variante mit Gangreservenanzeige und eigenem Datums-Totalisator für 669 Franken erhältlich ist.
Im Alltag des Pragmatikers zählt das Schlichte. Drei Zeiger, ein Datum, dann ist gut. Komplikationen braucht er nicht. Eine Uhr hat genau zwei Funktionen: Sie muss die Zeit angeben und ein Mindestmass an Stil mitbringen.
Die US-Marke Timex bedient diese Nachfrage seit kurzem mit ihrer «Marlin»-Reihe. Das Unternehmen stellt heute vor allem günstige Quarz-Ticker in zahllosen Ausführungen her. Seit 1982 hat die Firma keine mechanischen Uhren mehr produziert. In den vier «Marlin»-Modellen ist nun das 8215-Werk von Miyota verbaut. Es gilt als japanisches Pendant zum ETA-2824-Werk, nur eben günstiger und etwas simpler verarbeitet.
Darum kostet «Marlin» auch nur 249 Dollar. Ein phänomenales Preis-Leistungs-Verhältnis. Noch besser: Marlin schmeichelt dem 25-jährigen Grafikdesigner genauso wie dem vier Jahrzehnte älteren Hobbysegler. Auch hier empfiehlt sich Menschen, die in der Schweiz domiziliert sind, der Kauf im Internet.