Nun ist klar, wer den Industriekonzern ABB in die Zukunft führen soll. Mit Björn Rosengren übernimmt ein Schwede das Steuer bei ABB, dem der Ruf vorauseilt, Unternehmen dezentral organisieren und zur Wertsteigerung der Unternehmen beitragen zu können.

Rosengren ist derzeit Konzernchef bei Sandvik. Seit der heute 60-Jährige Ende 2015 diese Stelle angetreten hat, ist der Aktienpreis des schwedischen Konzerns um rund 60 Prozent gestiegen. Das Unternehmen, das mit gegen 42'000 Mitarbeitern letztes Jahr auf einen Umsatz von umgerechnet über 10 Milliarden Franken kam, ist auf Maschinen und Gerätschaften für den Bergbau sowie Werkzeug aus Hartmetall spezialisiert.

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Konzentration auf vier Divisionen

Rosengrens neuer Job ist definitiv eine Nummer grösser: ABB zählt beinahe 150'000 Mitarbeiter und erzielte 2018 einen Umsatz von über 27 Milliarden Dollar. Seit Anfang 2018 hat der global aufgestellte schweizerisch-schwedische Konzern fast 30 Prozent seines Börsenwerts eingebüsst. Das war mitunter der Grund, weshalb der amtierende Konzernchef Ulrich Spiesshofer diesen Frühling zurücktrat und Verwaltungsratspräsident Peter Voser interimistisch auch das CEO-Amt übernahm.

Von Spiesshofer stammt indes noch die Strategie von ABB, die Ende letzten Jahres vorgestellt wurde und derzeit implementiert wird. Diese besteht namentlich aus einer Konzentration auf die vier Divisionen Elektrifizierung, Industrieautomation, Robotik und Antriebstechnik und einer stärkeren Autonomie der Divisionen. Die bisherige Matrixorganisation mit Ländergesellschaften wird abgeschafft und diverse bisher vom Konzern-Center wahrgenommene Funktionen den einzelnen Geschäften zugeordnet. Zudem wird ABB Mitte nächsten Jahres das Geschäft mit Hochspannungsleitungen mehrheitlich dem japanischen Hitachi-Konzern abtreten.

Hauptaktionäre äussern sich positiv

Den Chefposten übernehmen wird Björn Rosengren erst Anfang März nächsten Jahres, einen Monat davor beginnt seine Tätigkeit bei ABB. Man habe sichergehen wollen, dass Rosengren bei Sandvik seine Arbeit beenden könne, erklärte Peter Voser am Montag an einer Telefonmedienkonferenz. Er selbst werde dasselbe bei ABB tun. «Es wäre nicht fair, am 1. Januar zu beginnen und dann buchhalterisch das Geschäftsjahr abschliessen zu müssen, für welches man gar nicht verantwortlich war.» Zudem will Voser die Reorganisation bei ABB bis dahin soweit gebracht haben, dass Rosengren gleich damit beginnen könne, «die eingeschlagene Strategie auszuführen und sich um die operative Leistung zu kümmern».

Positiv zur Ernennung Rosengrens äusserten sich zwei wichtige Aktionäre des ABB-Konzerns. So bezeichnete ihn die von der Wallenberg-Familie kontrollierte Beteiligungsgesellschaft Investor als «richtige Führungsperson für die nächste Reiseetappe von ABB.» Der aktivistische Investor Cevian glaubt, dass Rosengren «über die richtige Erfahrung und den richtigen Führungsstil» verfüge, um die Strategie von ABB erfolgreich voranzutreiben. Investor besitzt nach eigenen Angaben 11,2 Prozent an ABB, Cevian hatte zuletzt 5,2 Prozent Aktienanteil gemeldet.

Und auch am Kapitalmarkt kam die von ABB gemeldete Personalie gut an: Mit einem Kursplus von rund 4 Prozent am Mittag überreichten die Investoren Rosengren doch deutliche Vorschusslorbeeren.

Alter und Nationalität waren keine entscheidenden Faktoren

Rosengren war bereits im Vorfeld der Ernennung als aussichtsreicher Kandidat für den ABB-Chefposten gehandelt worden. In diversen Medien wurde dabei auch darüber spekuliert, welche Rolle die Faktoren Alter und Nationalität bei der Suche nach einem neuen Konzernchef spielt. Einerseits wurde die Frage aufgeworfen, ob für die angestrebte Transformation von einem Investitionsgüter-Hersteller zu einem High-Tech-Unternehmen es an der Spitze eines Generationenwechsels bedürfe, sprich ein jüngerer Kandidat als Rosengren das Rennen machen würde.

Anderseits wurden Rosengren gute Chancen zugestanden, weil es in der Vergangenheit bereits eine Verbindung zwischen ihm und der schwedischen Wallenberg-Familie gibt. So war Rosengren vor seiner Zeit bei Sandvik nämlich beim finnischen Kraftwerks- und Schiffmotorenhersteller Wärtsilä und eben beim schwedischen Kompressorenhersteller Atlas Copco tätig, bei welcher der ABB-Hauptaktionär Investor substantiell beteiligt ist.

VR-Präsident Voser stellte an der Telefonkonferenz klar, dass Alter und Nationalität bei der CEO-Suche keine Rolle gespielt hätten. «Ich glaube nicht daran, dass ein Generationenwechsel nötig ist», sagte Voser. Es gehe vielmehr darum, den richtigen Rucksack gefüllt mit Fähigkeiten und Erfahrung zu haben, um die Transformation, die ABB begonnen habe, gestalten zu können.

Punkto Nationalität meinte Voser, dass man bei ABB Diversität als wichtig erachte, um die gewünschten Resultate zu erzielen. Dabei gehe es jedoch um die Mischung der Teams in der gesamten Belegschaft und keinesfalls um die Nationalität des Konzernchefs. Dennoch: Als schwedischer Staatsbürger und mit einer Verbindung zur Schweiz - Rosengren arbeitete in der Vergangenheit auch in der Schweiz und auch seine Tochter wurde da geboren - repräsentiert der neue Konzernchef die schweizerisch-schwedischen Wurzeln von ABB geradezu ideal.

(sda/ccr)