Der Lippenstift-Indikator ist eine klare Sache. Wenn es an der Börse schlecht läuft und eine Rezession droht oder schon da ist, kaufen Frauen Lippenstift. Sie wollen sich so schon mit relativ kleinem Geld auch in einer Krise wenigstens noch etwas Gutes zu tun. Ob an dieser Theorie was dran ist, scheint empirisch aber schwer belegbar.

Georg Pröbstl ist Chefredaktor des Börsenbriefs Value-Depesche. Der Börsendienst ist auf substanzstarke unterbewertete Aktien mit guten Perspektiven aus Deutschland, Österreich und der Schweiz spezialisiert. Die jährliche Performance des Musterdepots seit Start im April 2010 beträgt +14,6 Prozent (DAX: +7,8 Prozent).

Transparenzhinweis: Der Autor berät Anlageprodukte. In diesem Beitrag besprochene Aktien können zum Anlageuniversum zählen.

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Schon deutlich einfacher dagegen zeigt sich ein anderer Zusammenhang: Games könnten die neuen Lippenstifte sein. Denn in Zeiten von Corona geht es bei Computerspielen hoch zu und her. Die Nachfrage steigt. So steigerte Spiele-Gigant Activision Blizzard mit seinen Computerspielen den Umsatz im ersten Quartal von 1,3 auf 1,5 Milliarden Dollar. Der Gewinn je Aktie verdoppelte sich dabei von 0,31 auf 0,58 Dollar.

Gaming-Aktien mit Rückenwind

Oder Nintendo. Die Japaner konnten den Umsatz im ersten Quartal mit ihren Spielekonsolen um 40,6 Prozent auf 285,9 Milliarden Yen – das sind etwa 2,5 Milliarden Franken – steigern. Der Gewinn je Aktie explodierte dabei sogar um 150 Prozent. Die Umsatz- und Gewinnsprünge im Quartal sind verständlich. Denn wenn Menschen isoliert in Quarantäne zu Hause sitzen, wie in den letzten Monaten wegen Corona, dann suchen sie einen Ausweg aus Langeweile und Frustration und greifen unter anderem auch zum Computerspiel.

Die Aktien der Gaming-Industrie sind deshalb im starken Aufwind. So kletterte die Aktie von Activision Blizzard seit den März-Tiefs bereits um 30 Prozent und liegt inzwischen sogar zehn Prozent über dem Kursniveau vor Ausbruch der Corona-Krise. Andere Player des Sektors wie Nintendo oder Electronic Arts zeigen ähnliche Kursverläufe.

Das Wachstum im Sektor ist enorm…

„Die Corona-Krise hat die Nachfrage nach Home Entertainment stark beschleunigt. Unternehmen der Spieleindustrie verzeichnen seit Anfang 2020, seit der Lockdown die Menschen zwingt, sich zu Hause eine Beschäftigung zu suchen, steigende Gewinne. Unter anderem wegen sinkender Reiseaktivitäten der Menschen und einem veränderten Lebensstil nach Corona dürfte diese Nachfrage weiter zunehmen“, vermutet Ankit Gheedia, Analyst und Aktienstratege bei BNP Paribas.

Allerdings gab es in der Branche auch schon vor Corona starkes Wachstum. So legte die Branche mit Video- und Browserspielen, mit mobilen Spielen für Smartphone oder Tablet oder mit Spielekonsolen in den letzten Jahren im Durchschnitt jeweils deutlich über fünf Prozent pro Jahr zu. Und dem Sektor wurden auch schon vor Corona grosse Sprünge vorausgesagt.

… jährliche Zuwächse im zweistelligen Bereich

So erwartete das Researchhaus Mordor Intelligence laut einer Studie aus 2019 für den Gaming-Sektor einen Anstieg der weltweiten Umsätze von 151,6 Milliarden in 2019 auf 257 Milliarden Dollar in 2025. Das entspricht einer jährlichen Steigerung von 9,2 Prozent. Andere Schätzungen gehen sogar von durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten von zwölf Prozent in den nächsten fünf Jahren aus.

Die Community der Spieler ist gross. Das Researchhaus Newzoo schätzt die Zahl der Menschen, die weltweit am Computer spielen, auf 2,5 Milliarden. Besonders hohe Zuwächse verzeichnet dabei übrigens der Bereich eSports. Dort stehen mehrere Spieler oder auch Mannschaften gleichzeitig im Wettkampf am Computer.

eSports wächst besonders schnell

Newzoo schätzt die Zahl der eSport-Teilnehmer weltweit auf inzwischen 495 Millionen Nutzer und erwartet in dem Segment in diesem Jahr ein Umsatzwachstum von 20 Prozent. In den nächsten beiden Jahren soll das Wachstum bei eSports den Schätzungen der Branchenkenner mit jeweils mehr als 15 Prozent fast im gleichen Tempo weitergehen.

Angesichts des hohen Wachstums im Sektor sind die Firmen der Gaming-Industrie noch nicht einmal hoch bewertet. So bringt es Activision Blizzard laut Konsens der Analysten im nächsten Jahr auf ein 23er-KGV, Electronic Arts gibt es sogar zur noch günstigeren 20er-Gewinnbewertung.

SciPlay – günstig bewertete Gaming-Aktie

Mit 13er-KGV auf Basis 2021 ist SciPlay sogar noch um einiges günstiger. Der Entwickler von Video-Spielen konnte seinen Gewinn im ersten Quartal wie die bereits genannten Titel Activision und Nintendo ebenfalls in etwa verdoppeln. Die Aktie allerdings ist seit Mitte März bereits um 100 Prozent explodiert. Allerdings besteht dort wegen der relativ günstigen Bewertung noch Luft nach oben.

Mit 25er-KGV zwar etwas teurer ist Spieleanbieter Zynga. Allerdings gab der Gaming-Konzern aus San Francisco erst vor wenigen Tagen die Übernahme des türkischen Entwicklers von Handyspielen namens Peak bekannt. Die Kalifornier wollen mit der Akquisition die Zahl ihrer Nutzer aus dem Stand um 60 Prozent erhöhen.

Trotz des Kursschubs seit Mitte März um 50 Prozent könnte bei der Aktie noch einiges drin sein. Anleger, die nicht auf Einzelwerte setzen, sondern in Gaming und eSports breit gestreut und damit mit geringerem Risiko investieren wollen, greifen zu einem Zertifikat (ISIN: DE000LS9LG87, Laufzeit endlos) auf den Sektor. Das Produkt bringt seit Mitte März ein Kursplus von rund 30 Prozent.