Eine Bauernstube für Gourmets. Im «Adelboden» erhält der Gast Regionales auf kunstvollem Niveau serviert. Die schönsten Schöpfungen entstehen aus regionalen Produkten: Gastgeber Franz Wiget. |
Draussen bimmeln auch nach dem Einnachten noch die Kuhglocken. Drinnen in der behaglichen wie eleganten Stube mit der niederen Decke schaut ein hölzerner Christus auf uns herab. So milde, dass man seinen Blick aushält, auch wenn man weiss, dass er eher ein Verfechter der sättigenden Massenverpflegung ist als der ideelle Wunschpartner des «Gault Millau». Die schmale Speisekarte ziert eine fröhlich grüne Baumkugel. Sie wächst geradewegs aus einem Innerschweizer Bauernhaus. Wir sitzen im «Adelboden», hoch über dem Lauerzersee, in der Obhut von Franz und Ruth Wiget und fühlen uns rundum wohl.
Der Blick aufs Menü zeigt, dass die Illustration nicht zu viel verspricht: Da versucht einer, die regionale und die hohe französische Küche unter einen Hut zu bringen. Es gibt natürlich die unvermeidliche Gänseleber. Als Variation – roh mariniert, en Terrine, als Mousse und gebraten – oder als hauchdünnen, zarten Gänseleberraviolo mit einem dichten, nachhaltigen Trüffeljus. Es gibt perfekt zubereiteten Hummer. Es gibt den wilden Steinbutt, an der Gräte gebraten, gespickt mit Lorbeerblättern an Kalbsjus mit Kapern. Und es gibt poeliertes Bresse-Perlhühnchen mit Rosmarin.
Doch die Karte verspricht auch Köstlichkeiten, die besser zu Franz Wiget passen, diesem sensiblen Gemütsmenschen, äusserlich ein alpiner Verschnitt von Mathias Gnädinger und George Clooney: eine kross gebratene Lauerzerseehecht-Tranche mit Eierschwämmchen auf Lauchgemüse. Der Hecht, der «Turbot der Süsswasserfische», wird oft wegen seiner sperrigen Gräten verschmäht. Ein fleissiger Koch hat sie hier fachmännisch entfernt. Dann die Fleischgerichte: ein Gämsragout von der Schwyzer Hochwildjagd mit Quittenkompott und Makkaroni. Das Freilandschweinchen vom nahen Bauernhof, im Bergheu gegart, oder die glasierte Haxe vom Schwyzer Milchkalb, beide begleitet von «Gummelistunggis», zu Deutsch Kartoffelstock.
Franz Wiget zeigt seine ganze Klasse im Umgang mit diesen regionalen Produkten. Er kocht selbstbewusst, ohne Effekthascherei, dafür mit Gespür für das, was sich passend zusammenfügt. Er liebt den kräftigen Geschmack, ohne ins Aufdringliche und Schrille zu kippen. Und diese Klarheit zieht sich wie ein roter Faden bis zum Nachtisch: der lauwarme Schokoladenkuchen mit Bourbon-Vanille-Glace schmeckt genau so, wie sich das ein Schleckmäulchen ausmalen würde.
Kann einer, der seine kulinarische Umgebung derart souverän im Griff hat, der sein Repertoire aus der ihn umgebenden Landschaft schöpft, nicht gänzlich auf die immer gleichen Nobelprodukte verzichten? Müssen es auch an der kurvenreichen Kantonsstrasse zwischen Schwyz und Sattel immer Hummer und Gänseleber sein? Franz Wiget lacht verlegen, entschuldigt sich beinahe dafür, was heisst, dass er einem insgeheim beipflichtet. Doch wenn die Gastroführer Lob wie Goldregen ausschütten, entwickelt sich offenbar beim Komponieren der Speisekarte eine Eigendynamik, ein ungeschriebenes Gesetz, das gewisse Erzeugnisse und Gerichte diktiert. Zudem ist es in diesem Hochleistungsmetier, wo es ohne Krampfen nicht geht und dieses Schuften zu einem wesentlichen Teil aus der Suche nach integren Produkten besteht, einfacher, tadellosen Hummer und perfekte Gänseleber zu finden als erstklassige regionale Alternativen.
Kurz: Im «Adelboden» erwartet einen zurzeit eine Küche in Hochform. Dazu eine Weinkarte, die keine Wünsche offen lässt. Ein Service, der unprätentiös Herzlichkeit mit Kompetenz verbindet. Thomas Portmanns Aufmerksamkeit entgeht nichts. Seine Weinkenntnisse sind stupend. Und Ruth Wiget bezaubert mit ihrer bescheidenen wie anmutigen Art.
Restaurant Adelboden
Franz und Ruth Wiget
Schlagstrasse, 6422 Steinen SZ
Tel. 041/832 12 42
Fax 041/832 19 42
franz.wiget@bluewin.ch
17 «Gault Millau»-Punkte
1 «Guide Michelin»-Stern
Mittagsmenü Fr. 58.– und 72.–
Abendmenü Fr. 115.– und 130.–
So/Mo geschlossen
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