Er war dem Diamanten rettungslos verfallen wie andere Männer schönen Frauen: Die grosse Liebe Harry Winstons galt dem König der Edelsteine. Der legendäre Juwelier soll häufig kostbare Diamanten lose in der Tasche getragen haben, um sie immer wieder anhimmeln zu können. Und nach dem Verkauf eines besonderen Exemplars sei er, so wird kolportiert, tagelang traurig und deprimiert gewesen. Genau aus dieser grossen Liebe schuf Harry Winston 1920 eine amerikanische Legende – das weltweit legendäre Juweliergeschäft an der Fifth Avenue in New York.

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Genährt wurde die Legende über Jahrzehnte von traumhaften Juwelen. Denn Harry Winston besass das Talent, edle Steine mit untrüglichem Gespür zu arrangieren. Das trug ihm eine exklusive Klientel ein und machte ihn in Übersee zum Juwelier der Stars. Über seinen Tod im Jahr 1978 hinaus. Bis heute kreiert das Haus Harry Winston einmaligen Diamantschmuck, was dem Juwelier so manch grossen Auftritt in Hollywood verschafft. Zudem gelten die Diamantringe des Hauses als Inbegriff des klassischen amerikanischen Verlobungsringes.

Kein Wunder, dass Historie und Produktportfolio die Aufmerksamkeit der Swatch Group geweckt haben. Was nach der beendeten Zusammenarbeit mit Tiffany gescheitert schien – der direkte Zugang zu einer US-Marke –, ist damit nun korrigiert. Nach damaliger Mitteilung der Swatch Group hatte man Harry Winston beziehungsweise dessen Besitzer, die HW Holdings Inc., im Januar dieses Jahres für die Akquisitionssumme von 750 Millionen Dollar plus Begleichung der Nettoverschuldung (von bis maximal 250 Millionen Dollar) übernommen – inklusive über 500 Mitarbeiter weltweit und der Produktionsfirma in Genf.

Die nächste öffentliche Aktivität war im Mai die Ernennung von Nayla Hayek zum Chief Executive Officer (CEO) von Harry Winston Inc. – neben ihrer Aufgabe als Präsidentin des Verwaltungsrates der Swatch Group.

Swatch stärkt Position beim Schmuck

Seitdem ist es still geworden um Harry Winston. Zu Plänen rund um die Marke gibt man weder bei der Swatch Group in Biel noch am New Yorker Hauptsitz Auskunft. Es sei noch zu früh für Bekanntgaben, heisst es von der Schweizer Seite. Im 2013er-Halbjahresbericht der Swatch Group wird jedoch als besonders positiv herausgestrichen, dass mit der Akquisition der Marke Harry Winston das breite Markenportfolio der Gruppe «auch im Schmuckbereich, inklusive deren Wertschöpfungskette von der Produktion bis und mit Retailnetz, ausgebaut» werde. Zum weiteren Vorgehen heisst es zudem vielsagend nichtssagend: «In diese gesamte Infrastruktur wurden die notwendigen Mittel investiert, um das enorme Potenzial, welches die Marke mit ihrer Organisation bietet, besser auszuschöpfen. Zudem wurden in den ersten Monaten nach der Übernahme sämtliche Schulden abgebaut, wurde das Eigenkapital aufgestockt und in diesem Prozess auch umgehend das Inventar erhöht.»

Wachstumschancen sieht die Swatch Group gemäss Halbjahresbericht insbesondere bei den Uhren von Harry Winston: «Hier verfügt Harry Winston über ein sehr grosses und noch wenig ausgeschöpftes Marktpotenzial, welches die Gruppe mit ihrer weltweiten Erfahrung jetzt weiter ausbaut. Auch hier werden die notwendigen Mittel investiert.» Laut Chefin Nayla Hayek werden die Uhren von Harry Winston eine Position zwischen Breguet und Blancpain belegen. In den vergangenen Monaten wurden einzelne neue Uhrenmodelle lanciert, zudem werden die in Basel im Frühjahr 2013 vorgestellten Neuheiten nach und nach ausgeliefert.

Nach Auskunft eines Schweizer Konzessionärs der Marke hat sich bis jetzt nicht viel geändert: «Die Lieferungen sind normal, Ansprechpartner ist die gleiche Person wie bisher.» Weniger zufrieden mit der Entwicklung ist ein Konzessionär ausserhalb der Schweiz. Da der Abverkauf nicht gut gelaufen sei – «die Uhren sind sehr teuer und nicht bekannt», so sein Originalzitat –, habe man sich bereits Anfang des Jahres zur Trennung von Harry Winston entschlossen. Dennoch habe man noch einzelne Uhren am Lager, um deren Verkauf man sich bemühe – unter erschwerten Bedingungen. «Denn Harry Winston beliefert uns heute bei Ersatzteilen oder Bändern überhaupt nicht mehr. Das finde ich unmöglich», ärgert sich der Inhaber eines Uhrengeschäfts.