Grösser, schneller, besser. Wenn die Consumer Electronics Show (CES) am Dienstag in Las Vegas ihre Tore öffnet, ist das auch ein Stelldichein der Superlative. Den Auftakt dazu macht der koreanische Elektronikkonzern LG. Mit einer Bildschirm-Diagonale von mehr als 2,2 Meter zeigt das Unternehmen den weltgrössten OLED-Fernseher mit einer 8K-Auflösung.
Damit bringt LG viermal mehr Bildpunkte auf den Fernseher als bisherige 4K-Geräte, die ihrerseits die vierfache HD-Auflösung haben. Schärfer geht es kaum.
Über 20'000 Neuheiten
Hersteller müssen sich schon einiges einfallen lassen, um aus der Menge von 20'000 Neuheiten hervorzustechen, die jedes Jahr im Januar in der Wüstenstadt im US-Bundesstaat Nevada gezeigt werden. Oft versuchen sie es mit kuriosen Gadgets wie Schlafkissen, die sich aufblasen, wenn der Nutzer zu sehr schnarcht. Oder eben mit Geräten, die grösser sind als alle anderen. Wer dort heute noch mit einer Drohne auffallen will, muss damit schon einen Menschen transportieren. Und selbst das wird gezeigt.
Die CES legt aber auch die Techniktrends fest, denen die Industrie dann folgt. Schon in den vergangenen Jahren zeigten die Hersteller, dass sie alles vernetzen werden, was sich vernetzen lässt. Diesem Trend folgen sie weiter. Inzwischen bauen sie auch überall dort einen digitalen Sprachassistenten ein, wo es sinnvoll und auch weniger sinnvoll ist.
Vielzahl von Kooperationen
Auch in diesem Jahr wird es wieder eine Vielzahl von Kooperationsankündigungen geben. Zwischen Amazon und Google ist ein Wettkampf ausgebrochen, wer die meisten Partner für Alexa und den Google Assistant gewinnen kann. Apple hat in diesem Rennen derzeit das Nachsehen. Der angekündigte Siri-Lautsprecher HomePod hat es zum Weihnachtsgeschäft nicht auf den Markt geschafft. In Las Vegas ist Apple nicht vertreten, und weitere Neuheiten aus Cupertino sind derzeit nicht ersichtlich.
Die digitalen Sprachassistenten halten nun auch Einzug in immer mehr Fernseher. Tatsächlich liess die Sprachsteuerung von TV-Geräten bislang zu wünschen übrig und konnte höchstens als rudimentär beschrieben werden. LG, Sony und Hisense werden in Las Vegas nun Geräte zeigen, die sich per Sprache über Alexa oder den Google Assistant leichter steuern lassen.
Bislang benötigte man dafür externe Geräte wie ein Fire TV von Amazon oder ein Apple TV. Eine neue TV-Bildschirmtechnologie ist auf der CES nicht zu erwarten. Die Industrie streitet sich noch um das bessere HDR-System, mit dem 4K-Fernseher grössere Helligkeitsunterschiede wiedergeben. Samsung und Panasonic setzen hier auf einen offenen Standard mit der Bezeichnung HRD10+, andere bevorzugen Dolby Vision. Für den Verbraucher ist das verwirrend.
Wenige Neuigkeiten bei Smartphones
Zwar finden auch immer wieder Smartphone-Neuheiten ihren Weg nach Las Vegas. Doch meist sind dies nicht die Flaggschiffe der Hersteller, deren Präsentation sie sich entweder für eigene Präsentationen oder eben für die Mobilfunkmesse in Barcelona Ende Februar aufbewahren. Zeitweise spekulierten Beobachter, ob Samsung nicht möglicherweise das Galaxy S9 vorstellen könnte, um sich gegen das iPhone X von Apple in Stellung zu bringen. Doch dafür gibt es keine Anzeichen. LG zeigt sein neustes Smartphone V30 in Pink, was kaum für Schlagzeilen sorgen dürfte.
Wearables bleiben auf der CES eine Begleiterscheinung. Die grossen Erwartungen der vergangenen Jahre konnten die Smartwatches, Fitness-Armbänder und anderen Geräte jedoch nicht erfüllen. Die Hersteller nähern sich erst langsam dem Geschmack und den Bedürfnissen der Nutzer an. Neue Uhren zeigen unter anderem Fossil und Nokia.
VR-Brillen vor dem Durchbruch
Anlaufschwierigkeiten hat auch Virtual Reality. Zwar konnten die Hersteller mehrere Millionen der Geräte verkaufen. Doch im Massenmarkt sind die VR-Brillen noch nicht angekommen. Das könnte sich bald ändern, weil das Angebot immer breiter wird.
Microsoft hat das Betriebssystem Windows im Oktober fit gemacht für Mixed Reality, womit Microsoft Virtual Reality umschreibt. Partner wie Lenovo, HP, Samsung, Dell und Acer haben dazu bereits VR-Brillen vorgestellt. Weitere Kooperationen dürfte der Konzern in Las Vegas bekannt geben. Mit der Oculus Go kommt nun auch ein neues Konzept auf den Markt, bei dem die Brille weder mit einem Computer verbunden noch ein Smartphone eingeschoben werden muss.
Das Gerät für einen Preis ab 200 Dollar soll bereits Anfang des Jahres verkauft werden. Gut möglich, dass es auch eine VR-Brille nach dem Oculus-Go-Konzept geben wird, die mit Googles VR-Plattform Daydream funktioniert. Unterlagen, die bei der US-Kommunikationsbehörde FCC eingereicht wurden, haben neue Spekulationen entfacht, dass es ein solches Gerät von Lenovo geben könnte.
Spielindustrie ist stark vertreten
Apple und Google treiben den Markt rund um Augmented Reality (AR) an, bei dem virtuelle Objekte über ein Display in eine reale Umgebung platziert werden. Das geschieht meist auf einem Smartphone-Display, das über die Kamera ein echtes Bild zeigt und virtuelle Objekte darin einblendet. Apple hat seine AR-Plattform ARKit mit dem neusten Betriebssystem iOS 11 für iPhones und iPads eingeführt. Fast 2000 Apps sollen nach Apple-Angaben bereits im AppStore dafür zur Verfügung stehen. Googles Plattform heisst ARCore, Neuigkeiten dazu könnte es auch auf der CES geben.
Auch wenn die Spiele-Industrie sich die grossen Ankündigungen meist für die Spielemesse E3 im Juni aufhebt, wollen viele Entwickler und Hersteller nicht so lange warten. Vor allem PC-Gaming ist in Las Vegas stark vertreten. Im vergangenen Jahr haben diverse Superhit-Spieletitel wie etwa «Player Unknown Battlegrounds» den PC-Spielemarkt wiederbelebt, auch weil die Konsolenhersteller aktuell keine neue Geräte-Generation liefern können.
Neue Bildschirme für PC-Spieler
Auf der CES wird sich viel um All-In-One-Gaming-PCs drehen – High-End-Spielemaschinen in möglichst kleinen Gehäusen, die etwa genauso gross wie eine Konsole sind und ins Wohnzimmer passen. Eine Vielzahl von neuen Gaming-Mäusen, Tastaturen und Headsets werden vor allem eines zeigen: Sie müssen unbedingt grelle LED-Beleuchtung mit intelligenter Steuerung haben, um als Spieler-Geräte wahrgenommen zu werden. Hersteller haben bereits mehrere neue Bildschirme für PC-Spieler angekündigt, die mit 8K-Auflösung selbst neueste Grafikkarten in die Knie zwingen könnten.
Die CES ist mehr denn je auch eine Auto-Show. Dieses Jahr startet Fords neuer Chef Jim Hackett den Auto-Reigen mit einer Keynote zum Thema Zukunft der Mobilität. Doch der Fokus der diesjährigen Messe liegt nicht auf den grossen Herstellern wie in den Jahren zuvor, sondern auf den Zulieferern, die die Digitalisierung des Fahrens ermöglichen.
Selbstfahrendes Taxi
Uber-Konkurrent Lyft zeigt zusammen mit dem Zulieferer Aptiv (bis vor Kurzem noch Delphi) ein selbstfahrendes Taxi im realen Einsatz auf Las Vegas Strassen, Chiplieferant Nvidia wird vermutlich die neueste Version seiner Hardware-Plattform für das selbstfahrende Auto zeigen, und Zulieferer wie Bosch und NXP präsentieren die neuesten Generationen von Sensoren, die das selbstfahrende Auto erst bezahlbar machen.
Immer wieder tauchen auch ambitionierte Prototypen von Fahrzeugen auf der CES auf. Im vergangenen Jahr wollte Faraday Future mit einem extrem schnellen Elektroauto die Industrie auf den Kopf stellen. Daraus ist jedoch nicht allzu viel geworden. In diesem Jahr versucht es der chinesische Hersteller Byton mit einem Elektro-SUV. Beton steht übrigens für «Bytes on wheels», was wiederum gut zur CES passt.
Im Cockpit wird das Auto über ein 1,2 Meter langes Display bedient. Natürlich soll auch die Steuerung über Sprache und Gesten möglich sein. Solche Auftritte sorgen in Las Vegas immer für grosses Tamtam – und stehlen der grossen Automesse in Detroit die Show, die Mitte Januar beginnt.
Dieser Artikel erschien zuerst bei der «Welt» unter dem Titel «Dieses Duell hat Apple gegen die Konkurrenz verloren».