Was ist die Zeit? Seit Menschengedenken beschäftigt diese nur scheinbar simple Frage Philosophen und Wissenschafter unterschiedlichster Couleur. Eine umfassende, plausible und allgemeingültige Antwort hat bislang noch niemand gefunden. Was die Zeit ist, wollte Anfang des 20. Jahrhunderts auch Albert Einstein wissen. Seine 1905 formulierte, in gewisser Weise ironisch gemeinte und bis heute nicht widerlegbare Antwort resultierte aus der Tatsache, dass Zeit nach Erkenntnis des genialen Wissenschafters keine absolute, sondern nur eine relative Grösse ist. Bewegte Uhren beispielsweise gehen langsamer als stationäre.

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Die Frage «Wie spät ist es?» verlangt mehrere Antworten, abhängig davon, wer fragt, wer erwidert und wie sich beide zueinander bewegen. Selbst die noch grundlegendere Beschäftigung mit der zeitlichen Abfolge von Ereignissen lässt verschiedene Erkenntnisse zu. Beweise für seine bewegende Theorie lieferte der scharfsinnige Gelehrte Einstein – wie so oft – in Gestalt komplexer gedanklicher Experimente, vor denen selbst begnadete Denker erst einmal passen mussten.

Sicher ist und bleibt, dass der physikalische Zeitbegriff ebenso schwer zu begreifen ist wie der philosophische. Weil die – wie auch immer – immens kostbare Zeit etwas Fundamentales verkörpert, hält man es in der Tat am besten mit der vermeintlich simplen und überaus bestechenden Logik Einsteins: «Zeit ist das, was man von der Uhr abliest.»

Ständiger Kreislauf des Kommens und Gehens

Eben jene Uhren bestehen im Prinzip immer aus den gleichen Teilen, zu denen neben Gehäuse und Uhrwerk die Zeitanzeige gehört. Bei mechanischen Räderuhren huldigt Letztere in aller Regel der Erkenntnis, dass Zeit ein unendlicher Kreislauf des Kommens und Gehens ist, dargestellt durch Zeiger, die vor einem Zifferblatt rotieren. Aus der jeweiligen Stellung zueinander ergibt sich bei analogen Indikationen, selbst ohne indexiertes Zifferblatt, die aktuelle Zeit.

Dabei spielt die Positionierung der Zeiger zunächst keine Rolle. Als die Sekunde im 18. Jahrhundert bei Astronomen ins Zentrum des chronometrischen Geschehens rückte, störten behäbig fortschreitende Stundenzeiger, welche den Blick auf das zweite Teil des Ganzen beeinträchtigten. Also entwickelten Uhrmacher für feine Pendeluhren die sogenannte Regulatoranzeige mit aussermittigem Stundenzeiger. Sie wurde zu einem Symbol für Präzision, weshalb ambitionierte Uhrmacher wie beispielsweise Abraham-Louis Breguet oder der Dresdner Johann Heinrich Seyffert derartige Indikationen auch auf genau gehende Taschenuhren übertrugen. So bekam die Zeit ein anderes als das gemeinhin gewohnte Gesicht.

Diese Gestaltungskunst lebt bis in die Gegenwart und damit die Epoche der Armbanduhren fort. Wer heutzutage Wert legt auf ungewöhnliche Zifferblatt- und Zeigeroptik, wird leicht fündig. Wie verschiedene Uhrenneuheiten dieses Jahres beweisen. Die Reise mit ihnen wird spannend.

Zu den Pionieren des Regulator-Zifferblatts bei Armbanduhren gehört Chronoswiss. Die inzwischen komplett aus München nach Luzern übersiedelte Marke zelebriert 2013 ihren 30. Geburtstag. Aus diesem Anlass ist das Sondermodell des 25 Jahre alten Flaggschiffs Régulateur fast schon eine Pflichtübung. Beim Régulateur 30 sucht man den kleinen Stundenzeiger vergebens. Stattdessen findet sich bei der 12 ein Fenster, in dem die Stunden digital erscheinen. Der Minutenzeiger ist aus dem Zentrum in die obere Zifferblatthälfte gewandert. Bei der 6 rotiert der Sekundenzeiger. Im Rotgold entstehen 130 dieser Uhren, in Stahl insgesamt 300. Beide Versionen messen 40 Millimeter, besitzen massive Silberzifferblätter mit guillochierter Optik. Das Automatikwerk vom Kaliber C.283 verfügt über 42 Stunden Gangautonomie.

Auch fast 20 Jahre später noch immer schön

Anders aussehen als üblich, lautet die Vorgabe für das Premierenmodell der Ende 1990 neu gegründeten Lange Uhren GmbH. Diese Order gab kein Geringerer als Günter Blümlein. In seinen Augen gab es für das Comeback der deutschen Traditionsmanufaktur nur die Alternativen Top oder Flop. Dass der leider viel zu früh verstorbene Unternehmer absolut richtig lag, beweist die 1994 vorgestellte Lange 1 mit innovativem Grossdatum, asymmetrischem Zifferblatt und Manufaktur-Handaufzugskaliber. Diese goldene Armbanduhr reüssierte spontan und entwickelte sich zum Synonym für den sächsischen Relaunch. Der Genfer Salon 2013 SIHH brachte die Grosse Lange 1 mit schwarzem Zifferblatt, Leuchtzeigern, Drei-Tage-Handaufzugswerk L095.1 und 40,5 Millimeter grossem Weissgoldgehäuse.

Die Referenz 5235 besitzt bei Patek Philippe allein schon deshalb eine Ausnahmestellung, weil sie als erste Armbanduhr der Marke ein Regulator-Zifferblatt besitzt. Wer die nostalgiebetonte, 40,5 Millimeter grosse Goldschale umdreht, entdeckt durch den Glasboden das 2,6 Millimeter hohe Automatikkaliber 31-260 REG. Sein Mikrorotor aus 22-karätigem Massivgold spannt die Zugfeder in einer Drehrichtung. In die uhrmacherische Zukunft weisen die exklusive Pulsomax-Hemmung mit Anker und Ankerrad aus Silinvar. Die ebenfalls aus Silinvar hergestellte Spiromax-Unruhspirale und die Gyromax-Unruh vollziehen stündlich 23 040 Halbschwingungen. Das Patek-Philippe-Siegel auf dem Uhrwerk verheisst ein Optimum an Präzision auch ohne amtliches Chronometerzeugnis.

Cartier und mysteriöse Zeitanzeigen sind fast schon Synonyme. 1912 debütierte eine erste Pendule dieser Art. Diese faszinierende Kunst geheimnisvoller Stunden- und Minutenindikation kehrt nun in der Linie Rotonde de Cartier zurück. Bei dieser Armbanduhr scheinen die zwei Zeiger frei im Raum zu schweben. Weil selbst Cartier nicht zaubern kann, braucht es einen Trick: Zwei übereinander angeordnete und aussen verzahnte Saphirglasscheiben sind integrierter Bestandteil des darumgebauten Handaufzugskalibers 9981MC mit 48 Stunden Gangautonomie. Die aussergewöhnliche Mechanik wurde auf Herz und Nieren getestet. Stösse in der Grössenordnung des 500-fachen Eigengewichts und Stürze aus 1 Meter Höhe nimmt – wenn auch ungern – das Uhrwerk gelassen hin.

Ovale Zifferblätter Parmigianis Zeiger schrumpfen oder wachsen

Pantographe
Die Zeigerlänge beschränkt sich üblicherweise zwangsläufig auf die Dimensionen der Schmalseite. Nicht so beim neuen Ovale Pantographe in Rosé- und Weissgold von Parmigiani Fleurier, dessen Wurzeln bis ins späte 18. Jahrhundert zurückreichen. Der Clou: Beim Rotieren wächst oder schrumpft die Länge der Zeiger passend zum Zifferblatt. Zu diesem Zweck besitzt jeder der beiden Zeiger auf der Zeigerwelle eine ovale Nocke, deren Umfang kontinuierliches Zusammenziehen oder Strecken bewirkt. Parmigiani sorgt zudem dafür, dass sich die Länge des Minutenzeigers nie so stark reduziert wie jene des Stundenzeigers. Beide bestehen aus leichtem, aber hoch belastbarem Titan. Den Antrieb liefert das Handaufzugs-Formkaliber PF111 mit zwei Federhäusern und acht Tagen Gangautonomie, zusammengefügt aus 227 Komponenten.