Man reibt sich die Augen: Wie nur kann Andrea Orcel, ein erprobter und gefeierter Investmentbanker, so vieles falsch machen? Und seine Reputation in so kurzer Zeit so nachhaltig ramponieren? Die simple Antwort: Da hat einer, der im Berufsalltag rund um den Globus Milliardendeals abwickelt (und dafür fürstlich kompensiert wird), die Bodenhaftung verloren.
Letzten September reicht der gebürtige Römer seine Kündigung bei der UBS ein und annociert seinen Wechsel zur spanischen Grossbank Santander, wo er als Konzernchef vorgesehen ist. Es ist ein Donnerschlag, der durch die weltweite Finanzwelt hallt. Mit dem Sesselwechsel aber verwirkt er automatisch seinen Anspruch auf jene Vorzugsaktien, die bei der UBS aufgelaufen sind. Der Wert dieses Paketes aus sieben fetten UBS-Jahren beträgt geschätzte 50 Millionen Franken. Dafür will Orcel von Santander umfänglich kompensiert werden. Ein frommer Wunsch. Und seine erste Fehleinschätzung.
Aktienpaket hat sich in Luft aufgelöst
Dann glaubt der grosse Dealmaker – sein zweiter Fehler –, er könne beim Konkurrenten auf den Chefposten wechseln, ohne seine Kündigungsfrist absitzen zu müssen. Wie nicht anders zu erwarten pochte sein alter Arbeitgeber aber auf die gesamte Kündigungsfrist über sechs Monaten. Das ist mehr als verständlich. Schliesslich lässt niemand einen Topmann aus dem Group Executive Board und damit ausgestattet mit vertraulichem Insiderwissen, frühzeitig zum Konkurrenten überlaufen.
Orcel aber pochte auf eine Vorzugsbehandlung und glaubte, er könne bereits nach drei Monaten – also Anfang Jahr – bei Santander das Zepter übernehmen.
Nun ist der Regenmacher abgestürzt: Sein Aktienpaket bei der UBS hat sich in Luft aufgelöst. Den Chefposten bei Santander wird er nicht antreten, weil der Verwaltungsrat keine Lust verspürt, die 50 Millionen zu kompensieren. Und ob er nach diesem Absturz je wieder eine Konzernleitung angeboten bekommt, ist fraglich.