Das «Ja» wird bei Andrej Babis gross geschrieben - zumindest im Namens-Kürzel seiner Partei ANO, die klarer Sieger der tschechischen Parlamentswahl ist. «Ano» bedeutet auf Tschechisch «Ja». Doch eigentlich steht die Abkürzung für Aktion unzufriedener Bürger - und somit eher für Nein.
Kopf der Bewegung ist der 63-jährige Milliardär. Und der sagt zu vielem «zádný» (Nein): zu Flüchtlingen, zum Euro und mehr. Sein Programm ist vor allem eins: Babis selbst.
Reicher als Trump
Das wird schon in dem vom Magazin «Forbes» verliehenen Spitznamen «tschechischer Trump» deutlich, der zum einen von seinem immensen Vermögen herrührt. «Forbes» schätzt es auf rund 3,5 Milliarden Euro.
Damit ist der zweitreichste Mann Tschechiens sogar reicher als US-Präsident Donald Trump mit umgerechnet 2,6 Milliarden Euro Vermögen. Zum anderen bedient Babis wie das US-Original gezielt die Ängste und die Wut derer, die sich gesellschaftlich abgehängt sehen.
Immer wieder hämmerte er den Wählern vor dem Urnengang am Freitag und Samstag ein, dass es um alles gehe. «Jetzt oder nie» sei die Gelegenheit, die Korruption loszuwerden, sie müssten ihn nur zum Regierungschef wählen.
Verdacht auf unrechtmässige Bezüge
Dass er selbst des Subventionsbetrugs beschuldigt wird, scheint ihn dabei nicht zu stören. Dem Unternehmer und Ex-Finanzminister wird unter anderem vorgeworfen, unrechtmässig EU-Fördermittel in Höhe von zwei Millionen Euro bezogen zu haben.
Wegen des Verdachts verlor Babis im Mai sein Amt als Finanzminister und im September seine parlamentarische Immunität. Der Ex-Chef des Lebensmittel-, Chemie- und Medienkonzerns Agrofert bestreitet die Vorwürfe und bezeichnete sie als Versuche, ihm den Wahlsieg zu nehmen. Die Wähler schienen davon unbeeindruckt, seine ANO-Partei kam auf fast 30 Prozent.
In seiner Siegesrede versuchte er am Samstag zwar, Sorgen im Ausland zu zerstreuen. Er bezeichnete sich als «pro-europäisch» und stelle keine «Bedrohung für die Demokratie» dar. Einen «Czexit» - in Anlehnung an den Brexit Londons - will Babis ausdrücklich nicht.
Unzufriedenheit gezielt angeheizt
Doch die Unzufriedenheit im Land heizt er dennoch gezielt an. Die EU habe derzeit eine «Denkpause» nötig, sagte er. Zuvor hatte er bereits angekündigt, mit ihm werde es keinen Euro-Beitritt Tschechiens geben.
Er werde für eine «faire» EU sorgen, in der «niemand Mitglied zweiter Klasse» sei. Babis' Rhetorik erinnert an EU- und flüchtlingskritische Töne aus Ländern wie Polen und Ungarn.
Tschechiens Wirtschaft hat sich zuletzt gut entwickelt. Die Arbeitslosenquote liegt bei nur 3,8 Prozent (September) und das Wirtschaftswachstum dürfte von 2,6 Prozent 2016 auf 3,1 Prozent in diesem Jahr klettern. Vor allem die Autoindustrie und Exporte in die EU tragen dazu bei. Keiner schlägt daraus so Kapital wie Babis, der sich wie Trump als Macher geriert.
Neues Ungemach droht
Babis wurde 1954 in Bratislava, der Hauptstadt der heutigen Slowakei, geboren. Schon als Jugendlicher sei er tüchtig und diszipliniert gewesen, sagt er über sich selbst. «Ich arbeite, seit ich 15 war - habe Milch ausgeliefert, Pakete ausgetragen, auf dem Bau gearbeitet.»
Zur Grundschule ging Babis in Paris und auf die weiterführende Schule in Genf, bevor er einen Wirtschaftsabschluss an der Universität machte.
Der ehemalige Tennis- und Volleyballspieler hat vier Kinder: Zwei mit seiner 20 Jahre jüngeren zweiten Frau Monika, zwei weitere mit seiner Ex-Frau. «Ich bin ein reicher Mann. Ich habe fast alle meine Träume verwirklicht. Ich habe Milliarden mit ehrlicher Arbeit verdient», rühmt er sich.
Dennoch droht ihm neues Ungemach: Der Oberste Gerichtshof der Slowakei kippte vergangene Woche Gerichtsurteile, die keine Hinweise auf eine Zusammenarbeit von Babis vor 1989 mit der kommunistischen Geheimpolizei sahen. Der Prozess soll neu aufgerollt werden.
(sda/ccr)