Von Anfang an ist die Apple Watch zu teuer gewesen, um als teures Anhängsel für das iPhone zu fungieren. Auch die umfangreichen Fitnesstracking-Funktionen rechtfertigen den Preis noch nicht. Mit der Apple Watch 3 macht der Tech-Riese einen entscheidenden Schritt nach vorne: Mittels einer elektronischen SIM-Karte kann der Nutzer auch dann über die Uhr telefonieren und Nachrichten empfangen, wenn das Handy nicht in der Nähe ist.

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Ausserdem läuft die Apple Watch laut Herstellerangaben 70 Prozent schneller, üppiger Softwareupdates sei Dank. Die Frage ist: Schaffen all diese Fortschritte so viel Komfort, dass die Smartwatch für mehr Nutzer zur ernsthaften Option wird? Wir haben die neuste Generation der Apple-Uhr getestet.

Telefonieren an der Leine

Die Telefon-Option ist die grösste Neuerung an der neuen Apple Watch – und als einzigem Land in Europa misslingt der Start in der Schweiz. Die Nutzer können die mobilfunkfähige Apple Watch bereits ab Freitag zwar schon kaufen, die technische Umsetzung in Kooperation mit den Telefonanbietern steht aber noch nicht bereit. Geplant sei die Umsetzung der Telefonoption bis Ende Jahr, erklären Sunrise und Swisscom übereinstimmend. Die beiden Telefonanbieter offerieren bereits ab Freitag eine Tarifoption für die Smartwatch.

Alternativ können Apple-Watch-Besitzer ihre Uhr wie bisher per Bluetooth an ein iPhone koppeln. Dabei kann der Nutzer sich rund 30 bis 40 Meter vom iPhone entfernen, ohne die Verbindung zu verlieren. Mit der «Apple Watch Cellular» können Nutzer jetzt neu auch per WLAN telefonieren. Die Wifi-Fähigkeit der Apple Watch hat allerdings gleich zum Verkaufsstart für Ärger gesorgt, der sich sogar auf den Aktienkurs auswirkte. Seit der Präsentation der neusten iPhones hat Apple 50 Milliarden Dollar an Börsenwert eingebüsst.

Das Telefonieren per Bluetooth-Koppelung funktioniert gut und zuverlässig, verlangt aber eben die Nähe zum iPhone. Zu empfehlen ist ausserdem die Verwendung von AirPods - die kabellosen Kopfhörer verhindern, dass die  gesamte Umgebung dem Gespräch lauscht und verbessert zugleich die Klangqualität.

Aufschub bei den Gebühren

Zumindest die Preise für das Telefonieren per Smartwatch sind schon einmal bekannt. Bei Sunrise können Freedom- und Unlimited-Kunden die Extra-SIM für die Watch dazubuchen. Zu Beginn erlässt Sunrise die Aktivierungsgebühr und den monatlichen Aufschlag, nach neun Monaten zahlt der Kunde dann 9 Franken pro Monat zusätzlich. Das gab Sunrise am Freitag bekannt.

Bei der Swisscom zahlt der Kunde künftig zwischen 10 und 15 Franken mehr für die Uhrenoption, je nachdem, wie umfangreich sein Mobilfunkvertrag bereits ist. Auch hier profitieren Kunden zu Beginn: für die ersten sechs Monate entfällt der Aufschlag.

Siri darf sprechen

Im Design ist die neue Generation der Apple Watch identisch mit der alten – erhältlich in zwei Varianten, 38 Millimeter und 42 Millimeter, in den Farben Gold, Silber und Space Grey. Einzig die Cellular ist einen Hauch – 0,25 Millimeter – dicker als die GPS-Version, um die elektronische SIM-Karte ins Gehäuse zu integrieren.

Apple rüstet die Uhren vor allem innerlich auf – mit der neuen Software Watch OS4, die das Unternehmen auf alle Smartwatches ausgespielt hat. Und mit einem neuen Prozesor, S3, der die Uhr um bis zu 70 Prozent schneller macht. Das ermöglicht unter anderem, das Siri wie beim iPhone und iPad per Sprachausgabe antwortet. Bisher hat der Assistent auf der Apple Watch nur schriftlich kommuniziert.

Das Tempo bei der Bedienung ist bei vielen Funktionen komfortabel und auch die Sprachausgabe durch Siri funktioniert gut. Fraglich ist allerdings, ob eine lautstarke Antwort stets gewünscht ist. Alternativ kann der Nutzer auch AirPods koppeln, dann laufen Siris Antworten über die kabellosen Kopfhörer. Das ist zu empfehlen, auch für Telefongespräche. Abgesehen davon, dass das Telefonieren mit dem Handgelenk bedingt angenehm ist, verbessert sich mit den Airpods auch die Klangqualität.

Sekundenschnell bezahlen

Einen praktischen Nutzen bietet die Apple Watch bei der Verwendung von Apple Pay und der Apple Wallet. Kontaktlos bezahlen braucht mit der Apple Watch nur den Bruchteil einer Sekunde, der Nutzer muss lediglich die Uhr dem NFC-Terminal nähern. Solange die Uhr am Handgelenk sitzt, ist keine Zusatzidentifikation nötig. Damit entfällt das Herausholen des iPhones und die Identifikation per Code oder TouchID.

Mit der Apple Watch lassen sich Tickets und Bordkarten aus der Wallet aufrufen, der QR-Code auf dem Display dargestellt. Der Nutzer kann sich also zum Beispiel bei der Kontrolle am Flughafen mit einer leichten Drehung des Handgelenks identifizieren. Auch das ist ein wirklich Komfortgewinn.

Akku am Limit

Mit der beginnenden Emanzipation der Apple Watch vom iPhone rücken die Akkulaufzeiten in den Fokus. Denn das Telefonieren per eSIM zehrt ordentlich an den Kapazitäten. Bei moderater Nutzung – Uhrzeit, Training, SMS lesen – hält der Akku laut Apple 18 Stunden durch. Der Nutzer ist dabei über vier Stunden mit LTE unterwegs und 14 Stunden gekoppelt an das iPhone.

Beim Telefonieren über das Smartphone reicht der Akku für drei Stunden Gespräch über Bluetooth-Koppelung – oder für gerade eine Stunde unabhängig vom iPhone. Diese Nutzungszahlen zeigen auch: Nach wie vor ist die Apple Watch eng an das iPhone gebunden – es besteht lediglich die Möglichkeit für kurze Ausflüge.

Stets um die Gesundheit besorgt

Eine grosse Stärke der Apple Watch ist nach wie vor die Coaching-Funtkion als Fitnesstracker. Hier baut das Unternehmen beim Gesundheitsservice aus: Nutzer können künftig ihre Herzschlagfrequenz aufzeichnen.

Die Apple Watch trackt dabei nicht nur beim Training, sondern auch den Ruhepuls. Übersteigt dieser das gesunde Mass, warnt die Apple Watch den Nutzer vor den Gesundheitsgefahren.

Mehr möglich bei Apps

Die Apple Watch gewinnt auch an Unabhängigkeit bei den externen Apps. Neu können diese eigens für die smarte Uhr entwickelt werden und müssen nicht mehr über das iPhone laufen.

Ob allerdings Anwendungen entstehen, die tatsächlich komfortabel auf der Apple Watch laufen, ist offen. In der neusten Version öffnen Apps zwar meist nicht mehr mit Sekunden Verzögerung. Dennoch ist die Bedienung oft eingeschränkt und verleitet zum Griff zum iPhone. Wirklich Anwenderfreundlich sind nach wie vor am häufigsten die Funktionen von Apple selbst.

Fazit

Die Mobilfunkoption für die Apple Watch ist ein interessanter Schritt und öffnet neue Möglichkeiten. Softwareupdates verhelfen der Apple Watch zu schnellerem Tempo und angenehmen Handling. Apple Pay und Apple Wallet bieten durchaus praktischen Nutzen. Das Telefonieren per Bluetooth funktioniert gut, per LTE ist das noch offen.

Dennoch bleibt die Apple Watch ein Gerät für Fitnessfans, die Apple-Design lieben. Einen überzeugenden Grund, warum Nutzer die Apple Watch tragen sollten, bietet auch die neuste Version nicht. Die Apple Watch bleibt ein Gadget für Leute, die die Apple Watch gerne tragen wollen, auch wenn sie sie nicht zwingend brauchen.