Nostalgisch knarrt der Fahrstuhl aus Mahagoni. Gemächlich gleitet er hinauf in die vierte Etage des «Pera Palace» in Istanbul. Kein Schrei. Kein Toter. Während im Krimi «Kurz vor Mitternacht» von Agatha Christie ein Schild am Lift hängt: «Defekt» – und deshalb passiert der Mord. Rasselnd öffnet jetzt der Page die schmiedeeiserne Tür. «Zu Zimmer 411 bitte hier entlang.» Er klopft vorschriftsmässig.

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Nein, Agatha Christie ist nicht da. Auch keine Leiche liegt auf dem Teppich. Doch ein Pendant ihrer Schreibmaschine steht auf dem Tischchen, Fotos und Zeitungsausschnitte hängen an der Wand. Denn in Zimmer 411 soll die Königin der Krimis gewohnt und geschrieben haben, wenn sie ihren Mann Max Mallowan bei seinen archäologischen Ausgrabungen im Irak und in Syrien besucht hat.

Die erste Nobelherberge Istanbuls

Vor und nach den heissen, staubigen Wochen in der Wüste genoss sie in den 1930er-Jahren umso mehr den Luxus des «Pera Palace». Das Hotel wurde 1892 als Zugspendent von der Compagnie Internationale des Wagons-Lits speziell für die betuchten Reisenden des Orient-Express gebaut. Immerhin war das hoch über dem Goldenen Horn liegende Haus damals die erste Nobelherberge Istanbuls.

Gleichfalls brachte es die verwöhnten Gäste mit dem ersten elektrisch angetriebenen Fahrstuhl bequem in alle sechs Etagen. Auch brannte in den Lüstern das erste elektrische Licht eines Hotels in der Türkei und heisses Wasser kam aus der Leitung. Also Luxus par excellence. Zudem fand 1926 im grossen, eleganten Kubbeli Salon die erste Modenschau Istanbuls statt. Heute wird dort noch im selben Ambiente unter sechs gläsernen Kuppeln der Afternoon Tea serviert.

Im hinteren, helleren Teil finden sich Bücherregale bis an die Decke, die von den Gästen durchstöbert werden können – bis auf einige alte Ausgaben der Kriminalromane von Agatha Christie hinter verschlossenen Glastüren. Marmor und kostbare Antiquitäten gehören zum Interieur. Und die hauseigene Patisserie im Pariser Stil bietet gefährliche Köstlichkeiten.

Facelift ins 21. Jahrhundert

Von 2008 bis 2010 war das im Privatbesitz einer der reichsten türkischen Familien befindliche Hotel geschlossen, wurde von Grund auf den Erfordernissen anspruchsvoller Gäste angepasst. Der Spagat vom 19. ins 21. Jahrhundert ist gelungen. Raffinierte Eleganz alter Zeiten wurde gekonnt mit den Ansprüchen der heutigen Luxushotellerie in den 99 Zimmern und 16 Suiten realisiert.

Das war der Grund, dass 2012 die Jumeirah Group das Management übernahm. Dessen Flaggschiff ist ein Wahrzeichen Dubais: Das bekannte «Burj Al Arab». Was für ein mutiger Kontrast. So ist es auch kein Anachronismus, dass man als Gast Agatha Christies Zimmer 411 buchen kann – mit einer Krimiauswahl zum Lesen. Ebenfalls die Suiten von Greta Garbo oder Ernest Hemingway stehen zur Verfügung. Die Suite von Atatürk, dem «Vater der Türken», ist heute ein Museum. Sogar seine Zigaretten mit vergoldetem Mundstück und eigenem Emblem sind vorhanden. Deshalb bekam das «Pera Palace» bereits 1981 den exklusiven Status eines Museumhotels.

«Black Week»

Spannend und gruselig wird es, wenn vom 20. bis 25. Oktober 2015 zum 125. Geburtstag von Agatha Christie berühmte internationale Krimiautoren und Darsteller sich zur ersten «Black Week» im Pera Palace Hotel treffen, etwa der durch seine Griechenland-Krimis populäre Petros Markaris oder Mathew Prichard, ein Enkel von Agatha Christie.

Höhepunkt soll am 27. Oktober 2015 das Cocktail- Dinner sein, zu dem die belgische Botschaft in Istanbul ins Haus der Jumeirah Group lädt. Der pfiffige belgische Detektiv Hercule Poirot wird in Gestalt von David Suchet anwesend sein, der diese unsterbliche Schöpfung Agatha Christies von 1989 in all ihren bis 2013 gelaufenen Serien verkörperte. Ob dann ein Mord geschehen wird? Niemand weiss es.