Glaubt man der herrschenden ökonomischen Lehre, dann befinden sich Milliarden von rational agierenden Menschen miteinander im Geschäft. Da sich alle vernünftig verhalten, ist auch das Resultat vernünftig, wird suggeriert. Jeder Einzelne mache eine Kosten-Nutzen-Abwägung und versuche, dieses Verhältnis zu optimieren. Wenn dies alle täten, entsprängen daraus lauter rational erklärbare Gleichgewichte: Jedes Gut sei in der richtigen Menge und zum richtigen Preis auf dem Markt. So erreiche der kollektive Wohlstand das Maximum. Es walte die «unsichtbare Hand», die schon Adam Smith (1723–1790) ins Spiel gebracht hat.

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Dass dieses Modell bestechend ist, bestreitet Buchautor Uwe Heuser nicht. Auch nicht, dass es in manchen Teilgebieten der Ökonomie durchaus praktikabel sein kann. Insgesamt aber, so Heuser, beruhe das Modell auf einem falschen Menschenbild. Der Homo oeconomicus, der stets rational und konsequent seinen materiellen Vorteil sucht, kommt auf freier Wildbahn ganz einfach nicht vor. Wir sollten endlich anfangen, unsere ökonomischen Theorien mit real existierenden Menschen zu bevölkern. Solche, bei denen Neid, Gier, triebhafte Lust, aber auch Liebe und Solidarität manchmal stärker sind als rationale Kosten-Nutzen-Überlegungen.

Ganz neu ist diese Idee nicht. Schon Smith attestierte seinen Wirtschaftssubjekten «Sentiments». Und im letzten Jahrhundert waren es etwa Thorsten Veblen («Theorie der feinen Leute», wo der von Neid und Nachahmung getriebene Konsum beschrieben wird) und Gunnar Myrdal mit seiner Theorie der «zirkulären Interdependenz», wonach es keine einfachen Kausalitäten gebe, sondern stets alles mit allem zusammenhänge.

Heute sind es die Behavioristen, die das reale menschliche Verhalten zur Grundlage der ökonomischen Theorie machen wollen. Dabei beziehen sie andere Wissensgebiete ein – von der mathematischen Spieltheorie über die Neurowissenschaften bis hin zu Biologie oder Psychologie.

«Humanomics» nennt Heuser seinen Ansatz. Er untermauert ihn mit vielen Beispielen, in denen die Vorstellung vom Homo oeconomicus jämmerlich versagt. Das macht sein Buch auch unterhaltsam – was ein riesiges Kompliment sein soll. Denn unterhaltsame Fachbücher zu schreiben, das schaffen nur die ganz Grossen.