Männer, die ihre Familien umbringen, Hooligans, die Fussballstadien demolieren, aggressives und bisweilen tödliches Verhalten im Verkehr, Amokläufe von Jugendlichen, Terroraktionen, Vandalismus gegen öffentliche Einrichtungen, Selbstverletzung bis zum Selbstmord, die steigende Bereitschaft, Konflikte mit Schlägen auszutragen – die Gewalt scheint Teil unseres Alltags geworden zu sein.

Mit solchen Formen der Gewalt beschäftigt sich das vorliegende Buch. Aber auch mit den Möglichkeiten der «Heilung» durch Psychiatrie und Psychotherapie, mit der Prävention durch Erziehung in Schule und Elternhaus. Ein weiteres Kapitel ist der rechtlichen und politischen Würdigung der Gewalt gewidmet. Die Aufsatzsammlung ist das Ergebnis einer interdisziplinären Ringvorlesung an der Universität Basel.

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Für die Entstehung von Gewaltbereitschaft gibt es im Wesentlichen drei Erklärungsansätze. Psychologen werden situative und affektive Ursachen stärker gewichten: Gewalt als spontane, gefühlsmässige Reaktion auf Ereignisse. Pädagogen werden grösseres Gewicht auf die Sozialisation in Familie und Schule legen: Gewalt als fehlgeschlagene Vermittlung von Werten. Soziologen betonen eher die gesellschaftlichen Voraussetzungen von Gewalt: Gewalt als Folge gesellschaftlicher Fehlentwicklungen.

Gewalt speist sich wahrscheinlich immer aus einer Mischung solcher Ursachen. Der mordende Familienvater ist womöglich durch das anhaltende Brüllen seines Nachwuchses gereizt worden; er hat die Verhaltensmuster niemals gelernt, die den Gewaltausbruch verhindern könnten; und womöglich ist er in seinem Beruf unter Druck (Beschleunigung, mehr Leistung, Angst vor drohender Entlassung); oder er gehört zu den Working Poor, die trotz vollem Arbeitspensum nicht genug zum Leben verdienen.

Wer die Entstehung von Gewalt erklärt, gerät leicht in Verdacht, sie damit zu
entschuldigen. Das ist Unsinn. Gewalt muss unterbunden werden, wenn nötig mit der legalen Gewalt der Repression. Aber damit schafft man die Gewalt nicht aus der Welt, man unterdrückt sie bloss, mit dem Risiko, dass sie sich andere Ausbruchsmöglichkeiten sucht. Die Ursachen zu beseitigen, wäre wirkungsvoller, aber auch schwieriger. Das Buch ist ein willkommener Beitrag dazu.

Joachim Küchenhoff, Anton Hügli, Ueli Mäder (Hrsg.): Gewalt
Psychosozial-Verlag, Giessen, 356 Seiten, Fr. 34.–