Baumwolle wird auf dem Weltmarkt zusehends zum raren Gut. Darauf reagieren Textilhändler in der Schweiz. Kunden können alte Kleider zurückbringen und bekommen dafür einen Gutschein. Doch was heute eher der Imagepflege dient, wird in Zukunft zur ökonomische Notwendigkeit - wenn alte Textilien zum begehrten Rohstoff für neue werden.
Rund 10 Milliarden Franken setzten Textilhändler in der Schweiz jährlich mit Kleidung um. Der schwedische H&M ist mit einem Umsatz von 816 Millionen Franken die Nummer eins in der Schweiz, gefolgt von der Warenhauskette Manor, die mit Damen-, Herren- und Kinderbekleidung sowie Unterwäsche rund 520 Millionen Franken umsetzt. Laut dem Marktforschungsinstitut GfK ist die Nummer drei auf dem Schweizer Markt C&A. Der Kleiderhändler macht allerdings keine Angaben zu seinen Umsätzen.
Manor und Co. verkaufen so gut wie alle Textilien
Ein Gang durch die Läden nur schon dieser drei Grossen auf dem Schweizer Markt offenbart ein riesiges Angebot, wenn nicht gar ein Überangebot. Dennoch sagen alle drei gegenüber der Nachrichtenagentur sda, dass sie nach Preisabschlägen letztlich so gut wie alle Textilien verkaufen. «Wir haben ein rollierendes Rabattsystem mit stufenweisen Preisabschlägen von 20 bis 50 Prozent zu Beginn», sagt etwa Elle Steinbrecher, Sprecherin von Manor.
Am Schluss bleibe mengenmässig ein Rest im niedrigen einstelligen Bereich. Diesen Rest geben die Manor-Warenhäuser an Hilfsorganisationen weiter, wobei jedes Warenhaus für sich festlege, welche Organisation es beliefert. C&A hingegen sammelt die Reststücke im eigenen Verteilzentrum und übergibt sie «einem Dienstleister, welcher die Teile sortiert und weiter verwertet», heisst es auf Anfrage.
Altkleider sammeln sich nicht im Handel
Texaid, der Schweizer Marktführer im Altkleidergeschäft, gibt an, dass 0,3 Prozent der jährlich insgesamt gesammelten 35'000 Tonnen Restware und Restposten aus dem Textilhandel sind. Das heisst, über 99 Prozent der Altkleider in der Schweiz haben sich in den Kleiderschränken der Konsumentinnen und Konsumenten gesammelt, bevor sie in den Texaidcontainern landen.
Um möglichst viele dieser Alttextilien zu sammeln, arbeitet Texaid seit 2013 mit Händlern wie Charles Vögele oder Schild zusammen. Kundinnen können ihre alten Kleider in die Läden zurückbringen und erhalten für jeden entsorgten Sack einen Warengutschein von 10 Franken. Bei Schild etwa kommen auf diese Weise jährlich rund 65 Tonnen Altkleider zusammen. «Schild betrachtet diese Dienstleistung sowohl als Instrument zur Förderung der Nachhaltigkeit als auch der Kundenbindung», sagt ein Sprecher.
Dass es hierbei jedoch weniger um Imagepflege mit dem grünen Mäntelchen, sondern zusehends um ökonomische Notwendigkeit geht, lässt sich aus dem aktuellen Geschäftsbericht von H&M lesen. Vor allem für den Rohstoff Baumwolle steckt sich das Unternehmen, das in 61 Ländern 2015 einen Umsatz von umgerechnet 25 Milliarden Franken erwirtschaftet hat, hohe Ziele.
Baumwolle so lange wie möglich im Kreislauf halten
Steigende Preise für den knapper werdenden Rohstoff Baumwolle schmälern den Gewinn. Um also möglichst effizient mit dem Rohstoff Baumwolle umzugehen, will H&M langfristig alle Kollektionen aus wiederverwerteten Fasern oder aus nachhaltiger Produktion anbieten, heisst es im Geschäftsbericht. Bereits seit 2014 gibt es bei H&M erste Kleidungsstücke mit einem Anteil rezyklierter Materialien.
Ein wichtiger Schritt sei die eigene «Garment Collecting Initiative» gewesen, die wie bei Schild oder Charles Vögele den Kunden gegen einen Warengutschein anbietet, Altkleider zurück in die Läden zu bringen. Diese Altkleider-Sammel-Initiative startete auch H&M im Jahr 2013, allerdings mit einer anderen Organisation als die Schweizer Händler. In der Schweiz hat H&M seither knapp 1,6 Tonnen Altkleider gesammelt, weltweit waren es 23'000 Tonnen.
Parallel dazu arbeitet H&M mit Forschungseinrichtungen in Schweden zusammen, die neue Technologien suchen, um den Anteil rezyklierter Materialien in neuen Kleidungsstücken weiter zu erhöhen. Ohne Qualitätseinbussen können neue Kleidungsstücke heute lediglich maximal 20 Prozent wiederverwertete Fasern enthalten. Es ist demnach absehbar, dass Altkleider künftig ein begehrter Rohstoff sind.
(sda/ccr)