Beim Front National (FN) gab es am Wahlabend lange Gesichter. Von einer «Enttäuschung» sprach Chefstratege Florian Philippot. Generalsekretär Nicolas Bay räumte ein, das eigene Wahlprogramm müsse wohl hinterfragt werden.

Bei der Parlamentswahl in Frankreich hat die Partei eine Schlappe erlitten, mehr als eine Handvoll Abgeordnete wird die Partei von Marine Le Pen künftig wohl nicht stellen. Das schwache Abschneiden dürfte die alten Lagerkämpfe beim Front National neu entfachen.

Die Rechtspopulisten hatten grosse Ziele, nachdem Le Pen bei der Stichwahl um das Präsidentenamt mit fast elf Millionen Wählerstimmen einen neuen FN-Rekord erzielt hatte. Als «stärkste Oppositionskraft» sah die 48-Jährige ihre Partei. 45 Abgeordnete hielt die Front National für eine realistische Zielgrösse.

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Fast vier Millionen Wählerstimmen verloren

Da sind die 13 Prozent bei der ersten Runde der Parlamentswahl vom Sonntag eine bittere Pille. Im Vergleich zur ersten Runde der Präsidentschaftswahl verliert der Front National fast vier Millionen Wählerstimmen. Und auch im Vergleich zur Parlamentswahl 2012 ist das Ergebnis ein Rückschritt.

Der FN könnte nach der zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag zwar etwas mehr Abgeordnete stellen als die zwei bisherigen Vertreter in der Nationalversammlung. Doch vom Mindestziel einer Fraktionsstärke - die Untergrenze liegt bei 15 Abgeordneten - wird die Partei aller Voraussicht nach weit entfernt sein.

Schwierige zwei Wahlrunden

Da hilft es wenig, dass Le Pen in ihrem nordfranzösischen Wahlkreis vorne landete und gute Chancen hat, erstmals in die Nationalversammlung einzuziehen. Die Front-National-Chefin machte am Sonntagabend die «katastrophale Wahlenthaltung» und das französische Wahlrecht für die Schlappe ihrer Partei verantwortlich.

Tatsächlich erschwert das Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlrunden Erfolge der Front National. Doch die Tochter von Parteigründer Jean-Marie Le Pen weiss auch, dass sie eine grosse Mitverantwortung am schwachen Abschneiden ihres Front National hat.

Le Pen zu krawallig

Die Nachwirkungen ihres missratenen Präsidentschaftswahlkampfs sind immer noch zu spüren: Nicht nur hatte Le Pen mit einem Ausstieg aus dem Euro auf das falsche Pferd gesetzt. Sie war im TV-Duell gegen Emmanuel Macron vor der Stichwahl derart krawallig aufgetreten, dass sie viele Wähler verprellte.

Die missratene Fernsehdebatte wird der Parteichefin bis heute vorgehalten. «Vor allem das Thema Euro und die Präsidentschaftsdebatte sind uns teuer zu stehen gekommen», sagt ein regionaler Parteiverantwortlicher. Der Ton in der Partei dürfte bald rauer werden.

Alte Konfliktlinien aufgebrochen

Schon nach der Präsidentschaftswahl waren alte Konfliktlinien wieder aufgebrochen. Le Pens Nichte Marion Maréchal-Le Pen - Galionsfigur des katholisch-konservativen FN-Flügels - hat sich vorübergehend aus der Politik zurückgezogen.

Sie gilt als eine Hauptgegnerin der Strategie von Partei-Vize Philippot, bei der Jagd nach Wählerstimmen aus der Arbeiterklasse auf einen Euro-Ausstieg zu setzen. Philippot wiederum hat offen mit einem Parteiaustritt gedroht, sollte der Front National auf diese Forderung verzichten.

Beim Parteitag des Front National, der Ende dieses Jahres oder Anfang 2018 stattfinden soll, dürfte es heiss hergehen. Ein FN-Regionalabgeordneter prophezeit: «Es wird Blut an den Wänden geben.»

(sda/ccr)